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Das Kosmos 114
alias Bresser Pluto, alias Nexstar 114 Optik, alias...

Das Kosmos 114
Rohrschelle im Schriftzug - so ist das Gerät aber ausgewogen. Im Okularauszug ist die Barlow-Linse erkennbar

Kaum eine Optik hat eine solche Namensvielfalt. Hier nun mal die entscheidenden Werte:

- 114mm Spiegeldurchmesser
- 500mm Brennweite, durch fest eingebaute Barlow im Okularauszug auf 1000mm verlängert
- Tubus nur halb so lang wie die Brennweite
- Handelsbezeichnung Short-Tube-Newton, eigentlich Catadioptric Reflector

Ich erwarb dieses Teleskop als Kosmos 114, wobei auch dieser Titel (wie auf der ATT sichtbar) ebenso von einem reinen Newton 114/900 getragen wird. Es ist mir begegnet als Bresser Pluto (nicht Pluto/s) und vor allem als Optik des Celestron Nexstar 114, die sich äusserlich nur in der Lackierung unterschied.

In meinem Paket war eine EQ-1 als Montierung enthalten. Die durchweg Huygens Okulare hatten alle Plastiklinsen und sind schlicht für den Müll. Weiteres zubehör war eine Barlow-Linse mit 24,5mm Steckdurchmesser, die aber wegen ihrer Baulänge gar nicht in den Okularauszug passte...Die EQ-1 Montierung ist allerdings bereits recht brauchbar. Das beigelegte Zubehör variiert beinahe täglich. Es soll wohl inzwischen auch 1-Achsen Motorisierung dafür geben. Inzwischen werden sehr oft die wesentlich brauchbareren Kellner-Okulare beigelegt.

Okulare für 24,5mm Einsteckdurchmesser
Aktion Nummer 1: Brauchbare Okulare benutzen!

Die ersten Beobachtungen waren trotz meiner guten Ortho´s und des 20mm Kellner absolut nicht zufriedenstellend. Zu dem Zeitpunkt hatte ich auch noch nicht entdeckt, daß man den Okularauszug durch entnahme eines Reduzierstücks auf 31,8mm bringen kann...
Problem war die Justierung. Nicht nur ich, sondern alle verfügbaren Justierexperten versuchten sich daran. Es haute nicht hin, denn die Barlow-Linse verkleinert das Bild von Spiegel und Hauptspiegel. Das macht die Justage schwer. Deshalb justierte ich das Gerät schließlich am Stern, was erfolgreich war, leider aber in allen Versuchen mit einer schief zum Tubus liegenden optischen Achse endete. Schuld war da wohl auch die Einarm-Fangpspiegelhalterung. Trotzdem war ich da schon von den guten Jupiter-Bildern überrascht.

Der Blick auf den Hauptspiegel 

Wie Phönix aus der Asche stieg der 114er, als ich mir für den R200SS einen Justierlaser zulegte. Nach einer Viertelstunde war die ganze Sache ausgestanden. Mit dem Laser war es zum lachen einfach. Haupt- und Fangspiegel ließen sich übrigens ordentlich justieren und wieder kontern. Schließlich war ich glücklich über zwei scharfe aber schwache Beugunsstrahlen der Einarm-Fangspiegelhalterung. Endlich ließ sich die Optik bewerten. Da ich mit dem Meade Explorer 395 und der Russentonne noch zwei weitere Teleskope mit 1000mm Brennweite besitze, schrie das nach einem Vergleichstest. Schärfe und Kontrast des justierten Geräts sind mit denen der entspannten und justierten Russentonne vergleichbar. Leider auch die Bildhelligkeit, was wohl auf die Barlow zurückzuführen ist. Der Refraktor zog bezüglich Kontrast und Auflösung an beiden vorbei, konnte aber bei der Bildhelligkeit nicht mitspielen. 150-fache Vergrößerung leistet die Optik ganz Problemlos, bis 200-fach kann man sie auch gut benutzen, es erfordert aber sehr viel Übung, den Fokus zu treffen, da das Gerät genauso sensibel wie ein F/5 Gerät zu fokussieren ist.
Ein weiterer Schwachpunkt im wahrsten Sinne des Wortes ist der Tubus. Das verwendete Blech, welches mit einem Falz zusammengehftet ist, ist einfach zu dünn. Die Rohrschellen dürfen nicht angezogen, sondern nur sanft angedreht werden, sonst wird sofort der Tubus eierig gedrückt und die Justierung der Optik ist dahin.

Schema eines Short-Tube Newton
Schema eines Short-Tube Newton

Die Optik an sich ist ja als Allround-Einsteigerteleskop zu bewerten, und das kann sie auch leisten. Großer roter Fleck und Schattendurchgänge auf Jupiter sind ganz Problemlos zu beobachten und mit guten Okularen sind auch die 2 Bänder der gemässigten Zonen sichtbar. Mit den beigelegten Huygens Okularen gab es keine Chance, die Cassini-Teilung auf Saturn zu erkennen, wohl aber mit meinen Orthos. Derzeit werden gerne Kellner und modifizierte Kellner beigelegt. Abgesehen vom den recht ordentlichen 20 oder 25mm Kellnern sind sie zwar nicht geeignet, das Gerät voll auszureizen, aber zu Zeiten großer Ringöffnung sollte sich auch damit Cassinis Teilung zeigen.
Auch für DeepSky kann so ein Teleskop gut eingesetzt werden. Natürlich sind Objekte wie der Orionnebel und die Andromeda-Galaxie wunderbar zu beobachten, es geht aber noch weit mehr. Kugelsternhaufen wie M3 oder auch M13 lassen sich nicht auflösen, erscheinen aber als faszinierend runde Wölkchen. H&Chi Persei sind wunderbar zu beobachten, ein schönes Sternmeer. Auch M35 oder die Pleijaden (M45) sind lohnende Objekte. Der Ringnebel in der Leier (M57) lässt sich gerade soweit vergrößern, daß er deutlich als Ring erkennbar ist. vergrössert man noch weiter, wird das Bild zu dunkel. Bei wirklich gutem Himmel lassen sich fast alle Messier-Objekte betrachten. Besonders schön aber sind die offenen Sternhaufen, hier seien noch diejenigen des Fuhrmanns empfohlen. Bei der Mondbeobachtung ist das Gerät natürlich auch eine Wonne. Der gern beigelegte Mondfilter ist eher zu empfehlen, als die kleine Öffnung des Teleskopdeckels zur Abblendung zu verwenden. Die Fülle der sichtbaren Details erlaubt einen wirklich ausgiebigen Mondspaziergang, der auch nach einer halben Stunde noch neue Details erkennen lässt.

Okularsonnenfilter: Wegwerfen!
Okularsonnenfilter? Dies lesen und - wegwerfen!

Bei meinem Gerät war noch ein schwarzer Okularsonnenfilter beigelegt. Ich empfehle (besser befehle!), diesen Filter wegzuwerfen. Er ist eine wirkliche Gefahr. Der Filter sitzt im Brennpunkt des Gerätes und wird wegen seiner schwarzen Farbe äusserst heiss. Was heisses Glas tut, weiss jeder: Es platzt! Und damit hat der überraschte Beobachter binnen einer Zehntelsekunde 100 Grad Celsius im Auge - aus ist´s mit dem Hobby und wohl auch der beruflichen Karriere!!!. Für 15 Mark habe ich im SoFi-Jahr einen DIN-A4-Bogen Baader Sonnenfilterfolie erworben. Aus schwarzer Pappe, dicken Styropor- oder Styrodurplatten kann man für die Folie eine Fassung bauen, die vorn auf das Teleskop geschoben wird. Die Fassung darf sich vom Wind nicht fortblasen lassen, muß also einigermassen Stramm gehen. Wer seinen Sonnenfilter unbedingt mit Klebeband sichern will, sollte dann wegen der Sicherheit auch bitte Paketklebeband benutzen. Eine weitere wichtige Regel ist: Das Teleskop nie unbeaufsichtigt lassen und sofort auch bei kurzen Beobachtungspausen aus der Sonne drehen. Vor jeder Beobachtung ist der Filter auf Löcher zu prüfen. Mit dem Finger sollte man die Folie auch nicht berühren, weil das Hautfett auf lange sicht die Filterschicht angreifen könnte. Etwaige Verschmutzungen dürfen nicht abgerieben werden, da man die Filterbedampfung so ebenfalls abreibt.
Mit einem solchen vernünftigen Sonnenfilter macht die Sonnenbeobachtung Spaß. Selbst kleine Sonnenflecken lassen sich erkennen, bei den größeren wird die Teilung in Umbra und Penumbra schon im 20mm Okular deutlich sichtbar. Am Rand der Sonnenscheibe lassen sich Flare-Regionen als helle Fleckchen erkennen.

Sonnenzeichnung mit dem Kosmos 500
eine Sonnenzeichnung mit dem Kosmos 114 und Meade SWA 24,5 bzw LVW 8 Okular

Einiges ist noch zu sagen. Der 5x24 Sucher ist zum Beispiel wirklich ein Sucher, niemals ein Finder. Ich will aber zum Ende kommen. Das Gerät macht Lust auf mehr, und das in allen Bereichen. Es zeigt sowohl am Planeten, als auch bei Nebeln und Sternhaufen genug, um sich einige Jahre damit zu beschäftigen. Das wichtigste aber: Wer dieses Gerät kennen gelernt hat, hat auch seine eigenen Beobachtungsvorlieben kennengelernt und kann einschätzen, ob er beim eventuellen Aufstieg in eine höhere Geräteklasse eher auf Planetenbeobachtung oder DeepSky-Objekte Wert legt. Ein Teleskop, welches dieses Kriterium erfüllt, nenne ich ein gutes Einsteigergerät. Weiterhin ist es ein Gerät, daß auch nach Anschaffung eines größteren Teleskops weiter seine Verwendung finden kann. Lediglich als Leitfernrohr ist es nur begrenzt einsetzbar wegen des zu schwachen Tubus. Aufgrund der Problematik bei der Justierung empfehle ich auch zunächst die diesbezüglich wesentlich unempfindlicheren 114mm Newtons mit voller Baulänge und üblicherweise 900mm Brennweite.

Nachtrag am 19.2.2019

Während ich im beschriebenen Gerät im Rahmen seiner Möglichkeiten Mitte der 1990er Jahre ein interessantes Einsteigergerät gefunden habe, sind über zwei Jahrzehnte vergangen. Es mag der allgemeine Preisdruck oder auch der “Hang zur Optimierung” sein, aber meine Beobachtung ist, dass Cat-Newtons heute sehr verbreitet unter einer schlechten Fertigungsqualität der beschriebenen Jones-Bird-Korrektoren leiden. Sternfreunde fanden die Linsen im Einzelfall sichtbar asymmetrisch verkittet vor. Die Geräte bleiben dann auch in der Bildmitte hinter der erwarteten Schärfeleistung zurück. Unter solchen Umständen ist die Anschaffung dieses Gerätetyps heute deutlich kritischer zu sehen, als noch vor 20 Jahren.

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