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Der kleine APO als Einsteigerteleskop

Seitdem für wenig Geld chinesische ED-Apochromaten erhältlich sind, stellen sich viele Einsteiger die Frage, ob diese Geräte sich nicht auch für den „gehobenen Einstieg“ eignen würden. Das Interesse richtet sich dabei vor allem auf Geräte mit 80mm bis 100mm Öffnung, zum Teil aber auch auf kleine 60mm Apos. Aber welche Möglichkeiten bieten diese Geräte wirklich als Allround-Einsteigerteleskop und lohnt sich überhaupt diese Investition?
Am interessantesten sind für viele Einsteiger die ED-Apos mit 80mm Öffnung und 600mm Brennweite. Sie sind ab ca. 400 Euro* erhältlich und lassen sich mit Montierung und einfachem Zubehör zu Komplettpaketen um 700 Euro* zusammenstellen. Eine teurere Variante ist die 80mm Triplett-Optik, ein dreinlinsiges Objektiv, die etwa 300 Euro* mehr kostet, als die übliche 80mm ED-Doublett-Optik. Diese Geräte sind etwas kurzbrennweitiger (560mm) und bieten einige interessante Ausstattungsmerkmale.
Zunächst mal muss man festhalten, dass der Preisbereich von 700 bis 1000 Euro* für sinnvolle Komplettpakete das von Einsteigern üblicherweise gesetzte Budget (300 bis 500 Euro) weit übersteigt. Für den Einsteiger liegt der Gedanke nahe, dass der höhere Preis sich vor allem in einer besseren optischen Leistung gegenüber anderen Teleskopen niederschlägt.
Welche Möglichkeiten bietet also ein 80mm APO?
Ein ED-APO bewegt sich mit seiner Leistung sehr nahe an der maximal erreichbaren Optikleistung. Das heißt dass ein ordentlich gefertigter 80mm APO im wesentlichen das zeigt, was mit 80mm Öffnung überhaupt möglich ist. Besser ist nur ein sogenannter Voll-Apo, zum Beispiel mit Fluorit-Kristall-Optik oder ein ED-Luftspalt-Triplett. Konkret bietet eine 80mm ED-Optik einen Vergrößerungsbereich von 11x bis 160x . Darüber hinaus kann der Beobachter keine weiteren Details z.B. auf der Mondoberfläche erkennen. Für geübte Beobachter ist schon ab 120x das maximal Erkennbare Detail auszumachen, bei etwas höherer Vergrößerung wird aber die Detailerkennung besonders auf der Mondoberfläche etwas einfacher.  Für die Trennung von Doppelsternen kann sogar bis etwa 200x vergrößert werden, wobei das Auflösungsvermögen um 1,5 Bogensekunden liegt.
Schwache Nebel und Galaxien lassen sich hingegen eher im Vergrößerungsbereich 10x bis 40x beobachten, und nur wenige helle Nebel liefern genug Licht für eine Vergrößerung von 100x oder mehr. Sternhaufen hingegen sind im Bereich um 100x optimal zu beobachten und zeigen sich am besten aufgelöst.
Das Gerät erlaubt mit einem 2 Zoll Okular besonders große Gesichtsfelder von bis zu 4,8° wahrem Himmel. Das ist ein Himmelsausschnitt in den der Vollmond mehr als 9 mal nebeneinander passt. Ein angenehmer Nebeneffekt ist, dass das Gerät vergleichsweise klein und leicht zu transportieren ist.


Wide-Field-Qualitäten eines 80mm f/7 mit 2” Okular gegenüber 150mm f/5 mit 1,25” und 200mm f/6 mit 2”.
Die Sterne erscheinen bei den größeren Optiken dicht gedrängt weil ein gleicher Maßstab gewählt wurde. Bei der realen Beobachtung wäre das Bild der größeren Optiken bei gleicher Helligkeit stärker vergrößert.

Das ermöglicht in der Praxis eine Fülle von Beobachtungen. Die Stärken des Gerätes liegen vor allem in der sogenannten Weitfeld-Beobachtung (englisch ‚wide-field’) bei sehr niedrigen Vergrößerungen. Das Gerät kann ja mit Vergrößerungen betrieben werden, die eher im Bereich eines Feldstechers liegen,  wobei es sehr große Gesichtsfelder liefert. Der Einsteiger dürfte aber seine Erwartungen an dieses Gerät vor allem mit der Planetenbeobachtung verbinden. Das Gerät bietet hier zwar eine gute Leistung, die aber im Rahmen der Möglichkeiten von 80mm Öffnung zu sehen ist.  Mit einer Vergrößerung von 150x ist das Gerät bereits an seiner Leistungsgrenze, während viele Planetenbeobachter eher Vergrößerungen ab 150x aufwärts anstreben.
Die Beobachtung von Deepsky-Objekten ist vor allem bei solchen Objekten interessant, die besonders groß ausgedehnt sind und daher bei schwachen Vergrößerungen gut wirken, oder die hell genug sind, um auch stärker vergrößert zu werden.
Der interessanteste Planet dürfte mit Abstand Jupiter sein. Er zeigt neben seinen Wolkenbändern und vielen Strukturen darin auch den großen roten Fleck. Natürlich sind die Gallileischen Monde ebenfalls zu sehen und man erkennt auch sehr schön, wenn ein Mond seinen kleinen, fast punktförmigen Schatten auf die Wolkenoberfläche des Jupiters wirft.
Marsbeobachtung ist sehr stark abhängig von dessen Entfernung zur Erde. Die nächsten Marsoppositionen finden alle in recht großem Erdabstand statt, so dass zwar einige Details wie die Polkappen und Dunkelgebiete auf seiner Oberfläche beobachtbar sind, aber bei weitem nicht der Detailreichtum wie auf Jupiter erkennbar wird.
An Saturn ist vor allem das Ringsystem interessant. Die Cassini-Teilung ist gut erkennbar, so dass man also zwei Saturnringe unterscheiden kann. Auf der Wolkenoberfläche von Saturn kann man die „Bauchbinde“ ausmachen. Der Saturnmond Titan ist leicht erkennbar und es kann ein netter Sport sein, weitere Monde zu erkennen. Für die Beobachtung der Ringöffnung allerdings folgen ein paar „schwierige“ Jahre, in denen wir auf die Ringkante sehen. Zu bestimmten Tagen wird dadurch der Ring praktisch unsichtbar sein. Das Erkennen der Cassini-Teilung ist während dieser Zeit unmöglich.
Venus und Merkur zeigen sich schön mit ihren Phasengestalten, also ähnlich wie der Mond mal als Sichel und mal annähernd als „Vollvenus“. Wolkendetails bleiben unbeobachtbar.
Uranus und Neptun unterscheiden sich nur wenig von Sternen. Sie bleiben sehr klein und vor allem Neptun ist sehr dunkel. Außer der grünlichen oder bläulichen Färbung ist kein Detail erkennbar.
Die Mondbeobachtung hingegen bietet eine Fülle von Details und kann den Beobachter stundenlang fesseln.
Auch für größere Kometen, wie sie alle paar Jahre einmal vorkommen, ist das Gerät gut geeignet, weil es bei schwacher Vergrößerung ein helles Bild zeigt und dazu einen riesigen Himmelsausschnitt zeigt. Die schwächeren Kometen, von denen im Jahr mehrere am Himmel zu finden sind, bleiben hingegen eher größeren Teleskopen vorbehalten oder wirken bei 80mm Öffnung eher uninteressant.
Große Nebel und Galaxien, wie der Nordamerika-Nebel und die Andromeda-Galaxie sind nicht sehr zahlreich. Es gibt nur eine Handvoll solcher Objekte, die sich sehr schön beobachten lassen. Auch große Sternhaufen lassen sich gut beobachten, wie die Plejaden, M35 oder der Doppelhaufen  H&Chi.
Entferntere Sternhaufen wie auch Kugelsternhaufen lassen sich zwar beobachten, werden aber häufig nicht aufgelöst, so dass sie eher eine wolkigen Charakter haben, manchmal schon etwas gesprenkelt wenn Sterne kurz davor stehen, sich abzuheben. Die wahre Natur dieser Objekte lässt sich nur erraten.
Kleinere Nebel der Messier-Liste lassen sich, einen dunklen Himmel vorausgesetzt, ebenfalls gut erkennen. Bei Paradeobjekten wie dem großen Orionnebel (Messier 42) lassen sich viele Strukturen erkennen. Bei anderen Objekten wie dem kleinen Hantelnebel (Messier 76) sieht man kaum mehr als ein Fleckchen, weil nicht genügend Licht für eine höhere Vergrößerung da ist. Auch der bekannte Ringnebel in der Leier (Messier 57) ist kein ganz einfaches Objekt, die Ringstruktur hebt sich bei einer Störung durch Streulicht kaum noch ab. Nur unter gutem Himmel ist der Ringnebel ein wirklich interessantes Objekt für 80mm Öffnung.
Die Doppelsterntrennung gelingt dem Gerät im Rahmen seiner Möglichkeiten sehr gut, ist aber nun mal auf Doppelsterne mit maximal 1,5 Bogensekunden Abstand eingeschränkt. Punkten kann die Optik aber, weil ein Refraktor durch seine Konstruktion wenig Streulicht im Tubus hat, so dass die Trennung auch bei Doppelsternen mit einem spürbaren Helligkeitsunterschied noch gelingt.
Wie sehen aber in dieser Preisklasse mögliche Alternativen aus? Für den Preis von 700 Euro lässt sich beispielsweise ein Spiegelteleskop mit 200mm Öffnung nebst einer sehr komfortablen Okularpalette anschaffen. Ja selbst 250mm Öffnung sind möglich, wenn man sich bei der Okularpalette etwas einschränkt. Wie sehen nun die Eigenschaften eines solchen Gerätes aus?
Zunächst mal ist ein Gerät wie der typische 8 Zoll Dobson wesentlich größer und schwerer als der kleine APO. Aufgestellt hat das Gerät einen etwas größeren Platzbedarf, wenn es auch auf derselben Grundfläche steht – aber der Beobachter muss hier neben und nicht hinter dem Teleskop stehen. Das kann bei der Beobachtung vom Balkon aus zum Problem werden.
Eine solche Optik kann jedoch in fast allen Disziplinen deutlich mehr zeigen, als der kleine 80mm APO. Für die Beobachtung von Planetendetails ist mehr Auflösung vorhanden, was zu einem Vergrößerungsbereich von 30-fach bis 300-fach führt. Zur Doppelsterntrennung kann auch hier 400-fach angestrebt werden und bis ca. 0,6 Bogensekunden Abstand können sie getrennt werden. Dementsprechend mehr und feinere Details sind auf der Oberfläche der Planeten erkennbar. Vor allem bei der Beobachtung von Jupiter, Mars, Mond und Saturn ist dies Interessant, während die anderen Planeten mangels Detail kaum profitieren. Lediglich Uranus und Neptun sind, vor allem durch die größere Lichtsammelleistung, besser auszumachen und nun leicht von Sternen unterscheidbar.
Nebel und Sternhaufen profitieren von der 6 mal größeren Lichtsammelfläche. Sie lassen sich stärker vergrößern und zeigen so viel mehr Details. Sie erlauben vielfach auch das erkennen ihrer inneren Struktur. Kugelsternhaufen werden bis ins Zentrum hinein als ungeheure Sternansammlung erkennbar und viele Galaxien lassen sich mit Kern und Randbereichen, ja sogar Spiralarmen und in einigen Fällen mit Strukturen aus Staubwolken erkennen.


Größere Sternanzahl und mehr erkennbare Details beim 200mm f/6 gegenüber dem 80mm f/7.
Der Nebel ist bei gleicher Helligkeit stärker Vergrößert.

Wo liegen nun die Nachteile des Dobsons bzw. der Newton-Optik, aus der ein Dobson besteht?
Der größte Nachteil bei der Planetenbeobachtung ist, dass eine so große Optik nicht schnell, sondern eher langsam und ungleichmäßig abkühlt. Dadurch kommt es zu Verspannungen des Hauptspiegels in der Auskühlphase. Wer keine Gegenmaßnahmen ergreift, kann erst nach einer Temperaturanpassung von 30 bis 60 Minuten gute Planetenbeobachtungen machen. Gegenmaßnahmen sind Lüfter und besondere Spiegelmaterialien. Während der Auskühlzeit lässt sich natürlich auch bei schwacher Vergrößerung beobachten.
Hinzu kommt, dass die Erdatmosphäre bei hoher Vergrößerung durch Luftunruhe (das sogenannte Seeing) stört. Eine Vergrößerung von 240-fach ist vergleichsweise selten nutzbar, während sich die optimalen 120-fach des 80mm Apos fast immer nutzen lassen, aber noch keine ausgesprochen detailreichen Planetenbeobachtungen ermöglichen. An schlechten Tagen wird die 200mm Optik nicht viel mehr zeigen, als die kleine 80mm Optik. Hinzu kommt, dass beispielsweise Jupiter bei schwacher Vergrößerung im 8 Zoll Dobson störend hell wird. Man sollte dann einen leichten Graufilter benutzen, um dies abzustellen.
Ein weiteres Problem bei industriell hergestellten Teleskopen ist Streulicht. Viele Sternfreunde kleiden ihre Teleskope innen mit schwarzer Velours-Folie aus, weil dieses Material mehr Licht schluckt als die schwarze Mattlackierung. Der Bildhintergrund wird dunkler. Beim ED-Apo, bzw. generell beim Refraktor, wird aber durch innere Blendenringe schon sehr viel Streulicht verschluckt, so dass das Problem hier wesentlich weniger stark ausgeprägt ist.
Weniger Nachteile gibt es bei der Deepsky-Beobachtung. Hier fällt vor allem das kleinere wahre Gesichtsfeld auf, was man schon aus der minimalen Vergrößerung von 30x ablesen kann. Hier passt der Vollmond nur vier mal nebeneinander in ein 2“ Weitwinkel-Okular, so dass man einige sehr große Objekte nicht ganz überblicken kann.  So ausgedehnt sind aber nicht einmal zehn Objekte
Beim Newton ist außerdem die Justage der Optik ein Thema. Es gibt dazu etliche Anleitungen im Internet, aber man muss sich eben dennoch die Zeit nehmen, die richtige Justage zu erlernen, damit das Teleskop seine volle Leistung zeigen kann.
Die größten Nachteile liegen sicher noch im Gewicht der Ausrüstung. Der Dobson wiegt zusammen etwa 17 Kilo, die sich auf das Teleskop und die Montierung (die sogenannte Rockerbox) verteilen. Es ist gewiss nicht jedermanns Sache, den fast 10 Kilo schweren Dobson-Tubus mehrere Stockwerke hinauf oder hinab zu tragen.
Betrachtet man das Gewicht und die Ausmaße eines 200mm Dobson als größten Nachteil, so wird man eher eine Zwischenlösung anstreben. Es gilt also, eine Optik zu finden, die günstiger als der 80mm APO ist, aber ähnliches leistet und dabei transportabel bleibt. Auch hier bieten sich Möglichkeiten, und zwar durchaus nicht wenige. Ein gutes Beispiel kann ein Newton mit 150mm Öffnung und 750mm Brennweite auf einer parallaktischen Montierung sein. Noch idealer wäre sogar ein Newton 150/900, der aber leider nicht angeboten wird, wahrscheinlich weil sich viele Händler ausrechnen, dass ein solches Gerät ein viel zu starker Konkurrent selbst zu den 80mm Apos von teuren Markenherstellern wäre.
Der Newton 150/750 zeigt ebenfalls „nur“ vier Vollmonde nebeneinander als Gesichtsfeld, ansonsten kann er dem 80mm APO in allen Disziplinen mehr als nur Paroli bieten. Wer das Geld, was er beim Grundpaket spart, in gute Okulare steckt, bekommt ein sehr deutliches Leistungsplus gegenüber dem 80mm Apo, besonders bei der Deepsky-Beobachtung. Natürlich ist auch hier wieder die Newton-Justage vonnöten. Beim Gewicht und Platzbedarf sind die Unterschiede jedoch weniger deutlich.
Somit bleibt die Frage, aus welchem Grund viele Sternfreunde dennoch zum 80mm APO greifen. Dafür gibt es mehrere gute Gründe. Oft wird ein solches Gerät als Zweitgerät zu einem größeren Teleskop gekauft. Es soll dann vor allem bei schwächster Vergrößerung eingesetzt werden, weil es hier ja wie beschrieben sehr große Himmelsausschnitte überblickbar macht. Dabei ist allerdings anzumerken, dass ein kurzbrennweitiger Achromat gleicher Öffnung sehr ähnliche Möglichkeiten bei schwacher und schwächster Vergrößerung bietet, zu einem günstigeren Preis. Ein solches Gerät kommt aber wegen seines Farbfehlers bei mittlerer bis hoher Vergrößerung nicht an die Leistung eines ED-Apos heran.
Der 80mm Apo kann auch als sehr kompaktes Reisegerät dienen und zu diesem Zweck sogar noch auf einem mittleren Fotostativ benutzt werden. Reizvoll ist für viele Sternfreunde auch, eine Optik nahe des perfekt machbaren zu erwerben. Hinzu kommt, dass der Apo sehr unkompliziert ist, also nicht justiert werden muss, fast keine Auskühlzeit braucht und auch noch zu Spezialdisziplinen wie der Sonnenbeobachtung mit speziellen H-Alpha-Filtern oder einem Herschelkeil zur Lichtdämpfung einsetzbar ist.
Man kann also als Fazit ziehen, dass ein 80mm APO für viele Sternfreunde ein hochinteressantes Zweitgerät darstellt, während man aber als Allround-Gerät für den Einsteiger bessere und vor allem auch preisgünstigere Lösungen findet.

*) Preisniveau im Oktober 2006

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