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Discounterteleskope

„Alle Jahre wieder...“ so denkt man als Sternfreund mit ein Wenig Marktüberblick, wenn man meist zum Herbst hin im beginnenden oder auch weit fortgeschrittenen Weihnachtsgeschäft wieder ein Teleskopset im Prospekt eines Discounters findet. „Lidlscope“ ist unter Sternfreunden ein feststehender Begriff, ähnlich wie „Tchibo-Torpedo“. Aber natürlich gibt es auch bei Aldi wiederholt ein Teleskop und andere Ketten wie Plus/Netto, Mediamarkt, Saturn, Metro, usw. stehen da mit eigenen Angeboten nicht zurück.
Aber was ist von diesen Teleskopen zu halten? Was leisten die Optiken, wie praxistauglich sind die Geräte?
Ob nun vom Discounter oder vom Fachhändler, die große Gefahr bei allen sehr günstigen Komplettpaketen ist immer, dass diese Geräte der Einstieg zum Ausstieg sind. Davon betroffen sind praktisch alle Komplettpakete bis 200 Euro, aber man kann auch durchaus für mehr Geld einen „Fehlkauf“ tun.
Deshalb soll dieser Artikel klarstellen, was man von solchen Teleskopen erwarten darf und welche Unzulänglichkeiten es gibt. Dieser Artikel soll nicht einfach dazu verleiten, ein wesentlich teureres Teleskop zu kaufen, denn auch das wäre kein Garant für einen guten Einstieg. Es soll nur zur Sprache kommen, welche nervigen Unannehmlichkeiten man bei wirklichen Amateurteleskopen, im Gegensatz zu Spielzeugteleskopen, nicht mehr hat. Das Amateurteleskop muss dabei nicht einmal teuer sein, es kann auch selbst gebaut oder selbst verbessert sein.
Wichtig für Sie als Käufer eines Discounter-Teleskops ist, dass Sie nicht glauben, dass Tausende Sternfreunde weltweit so verrückt sind, sich mit so wenig ausgereiften Lösungen zufrieden zu geben. Wenn das Discounterteleskop Ihnen ein kleines Fensterchen ins Universum eröffnet, können Sie erahnen, ob Sie Lust auf mehr haben. Das erspart Ihnen vielleicht die Erfahrung, nach vielen Jahren einmal durch ein „richtiges“ Teleskop schauen zu können, festzustellen, dass es durchaus erschwinglich ist, und dass sie die Himmelsbeobachtung lange Jahre ignoriert haben, nur weil sie nicht wussten, dass es auch etwas anderes gibt als eben: Discounterteleskope.

Was leistet ein Discounterteleskop?
Die üblichen Discounterteleskope sind Linsenteleskope mit 50mm, 60mm und 70mm Öffnung oder Newton-Spiegelteleskope mit 76mm Öffnung. Ihnen gemeinsam ist die recht bescheidene Öffnung. Die Brennweite ist gegenüber der Öffnung ein weniger wichtiges Kriterium. Die Öffnung bestimmt nicht, wie weit man schauen kann, sondern wie stark vergrößert werden kann. Man sollte sich wirklich nicht hinreißen lassen, mit solchen Optiken mehr als das doppelte des Öffnungsdurchmessers in Millimetern zu vergrößern. Das heißt, das nicht utopische Angaben wie 333x auf der Packung, sondern bodenständige 100x bis 150x sinnvoll sind.
Mit solchen Vergrößerungen kann man besonders Objekte in unserem Sonnensystem beobachten. Das lohnendste Ziel liegt direkt vor unserer Haustür: Der Mond. Den beobachtet man vor allem nicht bei Vollmond, damit man auf dem Mond eine Schattengrenze hat, den Terminator. Entlang dieser Zone werfen die Berge der Kraterränder lange Schatten und man bekommt einen wunderbar plastischen Eindruck vom Erdtrabanten.
Aber auch ein tieferer Blick ins Sonnensystem ist möglich. Wie Galileo Galilei kann man den Riesenplaneten Jupiter als kleine, weißliche Kugel sehen und beobachten, wie sich seine vier hellen Monde wie Sternpünktchen im Laufe von Stunden verschieben, mal in der hellen Scheibe verschwinden, wenn sie die Seite wechseln, mal auf beide Seiten verteilt, mal als Perlenschnur auf nur einer Seite stehen.
Auch der Ring des Planeten Saturn wird erkennbar und ebenfalls wie einen Stern sieht man seinen größten Mond Titan. Saturn selbst zeigt sich in einem milden Ockerton, weit weniger blendend als Jupiter, der der Sonne näher steht und daher heller beschienen wird.
Etwa alle 2 Jahre kommt die Erde „auf der Überhohlspur“ dem Planeten Mars nahe. Bis nach 2020 aber ist die Entfernung zu diesem Nachbarplaneten ungünstig und so wird man wenig mehr sehen können, als das Mars eine kleine, rosafarbene Kugel ist.
Der andere Nachbarplanet der Erde, die Venus, ist mal als Abendstern, mal als Morgenstern zu sehen und sie zeigt schöne Phasengestalten, ähnlich wie der Mond. Wenn Venus die Erde ihrerseits überholt und zwischen Erde und Sonne hindurch zieht, wird die von uns aus sichtbare Venus-Sichel immer schmaler, aber auch durch die Annäherung immer größer.
Merkur, der sonnennächste Planet, lässt sich bei den seltenen Sichtbarkeiten in Abend- oder Morgendämmerung wie ein kleines, in der Luftunruhe waberndes „Halbmöndchen“ erkennen.
Sterne gehören nicht mehr zu unserem Sonnensystem. Sie bleiben im Teleskop stets die kleinen Pünktchen, die wir auch mit bloßem Auge sehen. Sie werden lediglich heller und so werden schwächere Sterne erkennbar, als mit bloßem Auge. Ist ein Stern im Teleskop kein Punkt mehr, und handelt es sich wirklich um einen Stern und nicht um einen Planeten, der mit bloßem Auge wie ein Stern erscheint, dann ist das Teleskop entweder nicht scharf gestellt oder es wurde höher vergrößert, als die Optik sinnvoll zulässt.
Wer Sterne beobachtet, der kann vor allem Sternhaufen beobachten, aber auch Doppelsterne, die zum Teil in unterschiedlichen Pastelltönen gefärbt sind. Manche Sterne verändern periodisch ihre Helligkeit und wer sie Abend für Abend mit einem Nachbarstern vergleicht, bemerkt die Helligkeitsunterschiede.
Mit Discounterteleskopen ist es meist eher schwierig, Nebel und Galaxien zu beobachten. Man beobachtet diese Objekte eher bei schwacher Vergrößerung, weil das Teleskop dann ein helleres Bild liefert. Die Teleskope und die beigelegten Okulare sind meist nicht besonders dafür ausgelegt und man sollte sich zur Beobachtung dieser schwachen Objekte an einen wirklich dunklen Standort weit entfernt von einer größeren Stadt begeben. Das lohnt natürlich nur in den Nachtstunden ohne Mondschein.

Wo liegen die Schwächen der Discounterteleskope?
Der erste allgemeine Schwachpunkt dieser Preisklasse ist traditionell die Montierung. Ob es nun einfach ein Stativ mit „Schwenkeinrichtung“ ist, oder ob es eine kleine „parallaktische“ oder „equatoriale“ Montierung ist, gemeinsam ist diesen Aufbauten eigentlich, dass die Stative wacklig sind und zu Schwingungen neigen. Oft sind die Feineinstellungen wacklig und mit Spiel ausgelegt. Wenn die Feineinstellung schon klappert, wird man bei hoher Vergrößerung einiges an Fingerspitzengefühl brauchen – und 100x möchten wir doch schon gerne Vergrößern. Die wackligen Montierungen bewirken, dass das Teleskop beim Scharfstellen störend zittert. Bei 100x tanzt Jupiter so sehr im Bild, dass man beim Scharfstellen den schärfsten Punkt errät, loslässt, und zwei bis vier Sekunden wartet, bis das Bild sich ausgezittert hat. Ob’s dann wirklich gut war, glaubt man dann, oder man zittert noch mal los.
Die mechanische Haltbarkeit ist wohl ähnlich bestellt. Manches ist aus Plastik gefertigt und leiert aus, manchmal brechen billige Gussteile, vielleicht auch nach unsanfter Behandlung.
Die optische Qualität ist natürlich der Preisklasse entsprechend. Man findet eine gewisse Serienstreuung, es gibt brauchbare Exemplare, aber auch wirklich schlechte. Beim Spiegelteleskop ist manchmal nur die Justage der Spiegel zueinander nicht richtig und man kann das mit entsprechender Anleitung korrigieren – oder es wird noch schlimmer, wenn man mit der Anleitung nicht klar kommt. Bei Linsenteleskopen kommt es vor, dass die Taukappe so stramm sitzt, dass sie die Glaslinsen des Objektivs verklemmt, was die Bildqualität herabsetzt. Die Okulare, mit denen man die gewünschte Vergrößerung wählt, sind je nach Produkt auch von unterschiedlicher Qualität. Glaslinsen mit einer einfachen Blauvergütung in Metallfassung sind das Beste, was man in dieser Klasse antreffen kann. Reine Plastikokulare mit gepressten Plastiklinsen sind der wahre Bodensatz der anzutreffenden Qualitätsklassen. Da man immer durch Teleskop und Okular schaut, bestimmt das schwächste Glied der Kette, wie viel Bild noch im Auge ankommt.
Darunter fallen allermeist auch beiliegende “Umkehrlinsen”, die das im astronomischen Teleskop auf dem Kopf stehende Bild aufrichten und dabei die Vergrößerung noch um einen Faktor 2x oder 3x steigern. Das erzeugt meist nicht mehr sinnvolle Vergrößerungen und dementsprechend unscharf wäre das Bild selbst wenn diese Teile nicht ganz aus Plastik wären. Je nach Paket findet man nur selten eine Barlow mit brauchbaren Glaslinsen, die ohne die Bildaufrichtung die Vergrößerung z.B. verdoppelt.
Und auch elektronischer Schnickschnack gehört hier her. Manches Discounterteleskop ist derweil mit einer Computersteuerung versehen, die verheißt, das Teleskop automatisch auf die entferntesten Objekte zu richten. Leider ist es damit nicht getan, denn die Teleskopoptik muss ja auch in der Lage sein, diese Objekte zu zeigen, und das gelingt aus der Stadt heraus eher selten. Es ist in vielen Fällen so, dass die Elektronik Geld kostet, welches überall sonst im Paket dringlicher angelegt gewesen wäre. Leider ist die „elektronische Himmelsführung“ heute ein wesentlicher Marketingfaktor und wird zu gern als wichtigste Eigenschaft des Teleskops in den Vordergrund gestellt.

Wer sollte ein Discounterteleskop kaufen?
Ein Discounterteleskop ist mehr oder weniger ein Spielzeug und wer es als solches sieht wird davon auch nicht enttäuscht sein. Man kann damit etwas herumspielen und überlegen, ob einem die Himmelsbeobachtung mit einem Teleskop grundsätzlich Spaß machen wird. Und natürlich ist so ein Gerät auch wirklich als Spielzeug für aufgeweckte Kinder eine Idee. An dieser Stelle sei aber davor gewarnt, das Kind unbeaufsichtigt ans Teleskop zu lassen. Eltern sollten sich darüber im Klaren sein, dass ein Blick mit dem Teleskop in die Sonne zur Erblindung führen kann, und selbst lebenslange Sehstörungen sind schon schlimm genug. Man hat allen Grund, genau abzuwägen, wie weit man den Nachwuchs mit einem Teleskop Freiräume lassen kann. Weckt man mit einem Teleskop und etwas Hilfestellung durch die Eltern (Nachtwanderung, Fahrt zum dunklen Ort) beim Nachwuchs naturwissenschaftliches Interesse, so mag das gerade in der heutigen Zeit viel Wert sein und auch rechtfertigen, später die Anschaffung eines höherwertigen Gerätes zu fördern.
Und wenn Du, lieber Leser, ein Schüler bist und etwas anderes als ein solches Discounterteleskop nicht möglich ist, dann versuche Dich mit dessen Möglichkeiten abzufinden und soviel zu sehen, wie nur möglich ist. Unter den Erwachsenen sind viele Sternfreunde, die lange Jahre mit solchen Geräten beobachtet haben, weil es nichts anderes gab. Wenn man wirklich will, trotzt man allen Problemen und Problemchen, um einen Blick ins Universum zu werfen. Aber zieht Euch warm an!

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