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Das ES 6,7mm 82° Series im Vergleich mit dem 6,7mm Meade UWA Serie 4000

Neu gegen alt - Explore Scientific 6,7mm 82° gegen Meade UWA Serie 4000 6,7mm 84°

Die Möglichkeit zum Vergleich der beiden Okulare ergab sich ab September 2017 durch die Initivative eines Sternfreunds, der sein frisch gekauftes Explore Scientific Okular nach nur einer kurzen Beobachtung für den Vergleich mit dem bei mir vorhandenen Meade Klassiker zur Verfügung stellte. Bei soviel Eigeninitivative war schlechtes Wetter geradezu Murphy’s Law und so zogen sich die Vergleichsbeobachtungen hin, bis die Stratosphärenerwärmung im Februar 2018 für eine Folge klarer Nächte mit kalter Ost-Strömung sorgte. So konnten die letzten noch fehlenden Beobachtungen bei eisigen Temperaturen gemacht werden, bevor der Wintermond wieder im ersten Viertel stand.
Zwar haben die beiden Okulare die gleiche Brennweite und beinah das gleiche scheinbare Gesichtsfeld, nämlich 82° beim ES und 84° beim Meade, aber es gibt auch ordentliche Gegensätze. Da ist zunächst das Alter: Das hier angetretene UWA in der Version mit Gummiaugenmuschel ist ab etwa 1990 produziert worden, das sehr ähnliche Exemplar ohne Gummiaugenmuschel (im anglo-amerikanischen Sprachgebrauch„smooth top“ genannt) datiert auf 1985. In der nun also 29 Jahre alten Preisliste aus September 1989 kostete das Meade stolze 433,- D-Mark, was nach heutiger Kaufkraft ca. 340,- Euro* entspräche,während das Explore Scientific für derzeit* 139,- Euro zu haben ist. Das Explore Scientific ist also im mittleren Preisbereich angesiedelt, während das Meade seinerzeit zur oberen Preisklasse gehörte. Während man wenig über die Verwendeten Gläser erfährt, die sich in dieser langen Zeitspanne ja auch weiter entwickelt haben, wird auch bezüglich der Vergütungstechnologie ein Unterschied sichtbar. Beim UWA wird der Vergütungslevel „Multicoated“ genannt, was im Detail auf der Webseite als Mehrschichtvergütung aus 7 Schichten beschrieben wurde. Das lässt allerdings offen, ob diese teure Vergütung seinerzeit auch wirklich auf allen Glas-Luftflächen Anwendung fand. Explore Scientific folgt hingegen eindeutig dem heutigen Standard „Fully Multi Coated“. Betrachtet man die Reflexe, so sind sie beim modernen Okular tief grün, während der betagte Konkurrent hier etwas hellere Blau-, Violett- und  Brauntöne zeigt. Auch die Herkunft der Okulare unterscheidet sich: Das UWA wurde in Japan gefertigt, Explore Scientific importiert aus China.

Die Bauform des alten Meade UWA ist sehr kompakt und mit 125g ist es recht leicht. Es ist 66mm lang und hat an der weichen Silikongummi-Augenmuschel 38mm Durchmesser. Der Okulartubus ist sogar 34mm schlank – auf Höhe der Gummiarmierung gemessen. Dadurch passt es in ein 35mm Drehpack, das Meade damals als hervorragend praxistaugliche Aufbewahrungsmöglichkeit mitlieferte. Da reichte dann eine einfache Pappschachtel drum herum. Kappen gehören allerdings nicht dazu.

Verpackung des Explore Scientific
Explore Scientific hat gegenüber der Box mit Magnetverschluss bei der Verpackung abgespeckt...

Das Explore Scientific ist mit 210g etwas schwerer und mit 91mm Höhe und 44mm größtem Durchmesser - wieder auf Höhe der Gummiarmierung - deutlich größer. Es hat sicher sitzende aber nicht zu stramme Kunststoff-Kappen. Geliefert wird es in einer Pappschachtel, die mit pasend geformten Blasenkunststoff gepolstert ist. Die früher verwendete, stabilere Papp-Box mit Magnetverschluss scheint bei neueren Chargen keine Verwendung mehr zu finden. Wenn man ehrlich ist: Beide Varianten der Schachtel sind viel zu ausladend, um in der Praxis Verwendung zu finden. Für den heute üblichen Versandtransport ist die gepolsterte Schachtel aber sicher besser, als die ungepolsterte Pappe des Klassikers. Auch Explore Scientific hat eine Augenmuschel aus Silikongummi, umklappbar wie auch beim Meade - und wenn man mal genau hinschaut, was sind schon 30 Jahre, ist es bei beiden dasselbe Modell.
Bei Tageslicht, mit Brille und umgeklappter Augenmuschel ist beim Explore Scientific deutlich mehr vom Feld sichtbar. Man sieht mit etwas Aufdrücken den Feldblendenrand fast umlaufend. Davon ist man beim Meade weit entfernt. Das entspannt sich allerdings nachts, wenn man mit weiter geöffneter Iris mehr Toleranz hat.

Innenschwärzung im Vergleich
Die Schwärzung ist gut ausgeführt, ein Extremtest mit der Taschenlampe hinter dem Okular offenbar aber
 beim ES eine beleuchtete Fläche im Innern.

Beide Okulare sind gut verarbeitet. Ein paar Details findet man beim Explore Scientific neuer und besser. Um die Augenlinse herum ist schwarzer Mattlack aufgetragen, während beim Meade das schwarz eloxierte Gehäuse seidig glänzt. Dafür hat es in der Steckhülse unterhalb des chrom-blanken Filtergewindes schwarzen Mattlack, wo das Explore Scientific durchgehend silbrig glänzt. Geschwärzte Linsenkanten und eine griffige Gummiarmierung haben sie beide. Bei Explore Scientific ist die Beschriftung mitsamt einer fortlaufenden Seriennummer ins Alu gelasert und die Brennweite groß hervorgehoben, beim Meade ist die gelbe Beschriftung erfahrungsgemäß dauerhaft – außer wenn zu arg gekratzt wurde – aber die Brennweitenangabe versteckt sich geradezu im Text. Schließlich ist das Explore Scientific mit Argon gefüllt, um Beschlag, Feuchtigkeit und Pilzbefall im Innern vorzubeugen. Darum ist es auch wasserdicht. Das alte Meade zeigt ohne diese modernen Features, dass bei guter Behandlung auch nach Jahrzehnten kein Fungus auftritt.

Vergütungen auf den augenseitigen Linsen
Trotz des hohen alters ist das Meade-Okular (r.) sehr gut erhalten. Das Bild demonstriert aber,
dass die Vergütungen beim neuen Okular weniger helle Reflexe erzeugen.

Gute Behandlung ist natürlich auch einen Satz wert, wenn ein Okular betrachtet wird, das neu einfach nicht zu haben ist. Bei guter Pflege bleiben auch bei diesen alten Okularen Linsen und Vergütung makellos erhalten. Aber das ist nicht jedermanns Steckenpferd, und so kann man auch völlig abgewirtschaftete Exemplare erhalten. Da macht der Missbrauch selbst vor tiefen Kerben im Aluminium nicht halt.

Genug der Vorrede; wichtich is auf’m Platz lässt sich an dieser Stelle skandieren, und da wurden unter den beiden Kontrahenden folgende Partien ausgespielt: In der Vorrunde stellten sie sich einem schnellen f/5 Newton 130/650, teils mit dem Paracorr I versehen.  APO-Licht wurde vom Meade 127/952 FCD-1 Triplett sowie einem Vixen SD115S geliefert. Die Beobachtung mit einem 300/1200 Newton und HRCC Komakorrektor konnte aufgrund von Höhen-Seeing nicht gewertet werden, aber in der Finalrunde kam es am 457/2055, wiederum mit HRCC, zum Entscheidungsspiel.

Geschwärzte Linsenkanten und Schwärzung in den Steckhülsen
Das Bild gibt die geschwärzten Linsenkanten etwas zu hell wieder.

Beide Okulare schnitten zunächst sehr ähnlich ab. Vor allem unter aufgehelltem Himmel mit dem 130mm Newton gab es lediglich Nuancen in der Randabbildung, um die das ES gegenüber dem Meade abfiel. Die Okulare verhielten sich sehr angenehm und lieferten ein bis nahe am Rand beinah perfektes Bild. Sie zeigten dort laterale Farbe und zwar beim Explore Scientific einen deutlich längeren, blauen Ausbruch zur Bildmitte hin. Ohne den hier verwendeten Paracorr I wurde die Laterale Farbe beim ES etwas geringer. Die durch Koma geprägten Spots wurden breiter und rötlicher. Auch beim Meade wurde die laterale Farbe geringer, da die Abbildung aber schon recht gut war, konnte es sich auch nur wenig verbessern. Schwache Sterne am Rand waren dadurch im Meade leichter erkennbar.
Bei dieser Beobachtung kam auch ein Pentax XL 7mm zum Einsatz. Mit Paracorr I kombiniert zeigte es in seinem deutlich kleinerem Feld von 65° perfekte Sternpunkte bis zum Rand, dort aber doch mit einem Hauch lateraler Farbe. Ohne Komakorrektor konnte man zum Rand hin leicht vergrößerte Sternpünktchen wahrnehmen. Auf der Achse zeigte das Pentax XL unter den dreien die schwächsten Sterne mit den feinsten Sternabbildungen. Der Farbton des Bildes ist beim Pentax XL eher neutral und das ES ist sehr nahe an dessen Farbton, während das Bild im UWA deutlich wärmer ist. Die UWA der Serie 4000 haben durchaus zu Recht den Ruf, keine besonders gute Blau-Transmission zu haben, was sich eben als warmer Farbton zeigt. Das mit f/7,5 entspannte Öffnungsverhältnis des ED-Apos machte es beiden Okularen insgesamt einfacher, besonders am Rand. H&Chi fanden sich ohne Fehl und Tadel wiedergegeben.
Spannend war schließlich die Beobachtung mit dem 18“ Dobson. Der entfernte Kugelhaufen M53 war bei ca. 335-facher Vergrößerung ein anspruchsvolles Objekt. Er zeigte sich ähnlich wie der bekannte M 13 in einem Fünzf- bis Sechszöller, das heißt neben zahlreichen, funkelnden Randsternen wuden bis ins Zentrum hinein etliche Sterne aufgelöst, die allerdings vor einem etwas fleckigem, körnigen Hintergrund standen. Bei diesem offenbar recht blaulastigen Objekt gibt das alte UWA Serie 4000 bezüglich der Transmission einfach den Geist auf. Die moderne Vergütung und vielleicht auch bessere Glassorten des ES erlauben eine sichtbar bessere Transmission mit entsprechend positivem Einfluss auf das Bild. Bei beiden Okularen gab es übrigens keine Probleme mit Aufhellungen am Rand und auch Mondbeobachtungen verliefen diesbezüglich unauffällig.

Seriennummer und Herkunft

In der Summe der Eigenschaften konnte damit das Explore Scientific 6,7mm 82° Series eindeutig punkten. Seine - auf hohem Niveau - etwas gegenüber dem Meade zurückstehende Randabbildung ist weniger störend, als die schlechtere Transmission des betagten Meade bei entsprechenden Objekten und Bedingungen, die dies auffällig werden lassen. Beide Okulare sind eine gute Wahl, speziell auch am schnellen Newton, aber der Gebrauchtpreis des UWA spiegelt den Vergleich zum Neupreis des ES nicht recht wieder. Wenn das UWA für 100 Euro oder weniger zu haben ist, dann passt die Bewertung zur Leistung. Je näher man aber an den Neupreis des Explore Scientific heran rückt, desto mehr kann man dies nur als Sammlerwert für ein besonders gut erhaltenes Exemplar betrachten.

*) Preisniveau 2/2018

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