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StarSense Upgrade - Suchen per Handy

StarSense, unter dem Namen hat sich Celestron vor einigen Jahren eine Technik patentieren lassen, die inzwischen - kombiniert mit dem allgegenwärtigen Smartphone - die Objektsuche für Sternfreunde revolutioniert.

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Mit der StarSense-App und auch einem nicht mehr aktuellen Smart-Phone
setzt man sich eine Interaktive Sternkarte auf’s Teleskop

Das erste StarSense-Modul von Celestron war und ist eine Erweiterung für kompatible Goto-Montierungen des Unternehmens. Dahinter steht eine sehr einfache Idee, nämlich jenen Teil der Goto-Technologie einsteiger-, ja narrensicher zu gestalten, der ansonsten immer noch Schwierigkeiten machen konnte: Die erstmalige Ausrichtung der Montierung zum Himmel, das Alignment. Dazu bedient sich das StarSense-Modul einer keineswegs mehr patentwürdigen Technologie die als Plate-Solving mathematisch schon lange vor der Computer-Ära beschrieben wurde. MIttels Verfahren wie Triangulation erkennt man auf der Aufnahme eines Himmelsausschnitts - die Bezeichnung "Plate" nimmt Bezug auf fotografische Platten und zeigt allein damit schon, wie alt die Technik ist - um welchen Teil des Himmels es sich handelt. Gelingt dies bei einer Kamera-Aufnahme und bekannter Ausrichtung der Montierung, dann ist das Alignment-Problem sofort gelöst (entsprechend dem Ein-Stern-Alignment). Ist die Ausrichtung der Montierung nicht bekannt (also nicht genau), dann können bis zu drei Aufnahmen in ausreichend unterschidliche Himmelsrichtungen nötig sein, um alle Ausrichungsparameter zu ermitteln. Genau das kann das StarSense-Modul, und dass es dies vollautomatisisert erledigt mag allerdings durchaus patentwürdig sein. Einen weiteren konsequenten Schritt geht Celestron mit dem neuen StarSense Autoguider, bei dem eine wenn auch kleine aber recht hochauflösende Kombination aus 28mm Optik und CMOS-Chip dafür sorgt, dass dieses neue StarSense-Modul auch ausreichend genau für Korrekturen im Bogensekundenbereich arbeitet. (Eine 28mm Optik löst nur 4,2" auf, aber moderne Autoguider können durch Auswerten mehrerer Pixel durchaus eine Nachführkontrolle im Sub-Pixel-Bereich leisten.)

Viel spannender ist aber, dass Celestron nun die StarSense-Technologie in die Smartphone-Welt übertragen hat - was ja weniger eine Herausforderung bezüglich der Programmierung , als vielmehr eine Herausforderung bei der Ansteuerung der Smartphone-Kamera ist. Das Smartphone dient als interaktive Karte, so wie es beispielsweise das Vixen Skybook bereits als Standalone-Lösung war. Hier ist Celestron einerseits ein guter Wurf gelungen, man muss aber feststellen, dass der Anbieter auch fleißig dahingehend mauert, dass der Wunsch zur Nutzung möglichst zum Kauf eines Celestron-Teleskops zwingt.

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Damit die Kamera nach vorne schaut, enthält die Halterung einen Umlenkspiegel.
Das Handy wird per x/y-Feineinstellung so über dem Spiegel platziert, dass die Kamera einen einwandfreien Blick hat.

Zunächst einmal sei die Technik beschrieben. Im Prinzip bieten selbst ältere Smartphones alles was man braucht: Eine Kamera, ein Display zur Kartendarstellung, Kompass, Gyro-Sensoren und GPS sowie ausreichend leistungsstarke Prozessoren. Eine gewisse Herausforderung bei älteren Smartphones ist die Möglichkeit, mit der Kamera auch im Dunkeln zu arbeiten. Aber das hat Celestron selbst mit dem betagten iPhone 6s und vergleichbaren Android-Modellen soweit im Griff, dass die PlateSolving-Technik schlicht und ergreifend funktioniert, wenn nicht gerade der Mond die Kamera blendet. Offenbar ist die interne Kamera-Steuerung dazu in der Lage, wenigstens eine Sekunde zu belichten, so dass man durch Abgleich und Aufsummieren von vermutlich drei solcher Aufnahmen Sterne genau genug erkennen kann. Eine Herausforderung ist nun allerdings, dass die Haupt-Kamera des Smartphones genau gegenüber des Displays angebracht ist. Die Kamera müsste aber schon in Blickrichtung des Teleskops schauen. Ein senkrecht auf dem Tubus montiertes Handy wäre per Touch wohl schlecht zu bedienen. Stattdessen kommt ein Umlenk-Spiegel zum Einsatz. Das Handy wird flach auf dem Tubus in einer Halterung untergebracht, die es erlaubt, die je nach Modell nicht immer an der gleichen Stelle montierte Kamera über dem besagten Umlenkspiegel zu positionieren. Das von der Kamera dann spiegelverkehrt gelieferte Bild dreht die Software natürlich um.

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Abgleich von Okularansicht und Blickrichtung der Kamera:
Zu sehen ist Atair, der noch deutlich genauer unter dem Fadenkreuz positioniert werden muss,
damit das System seine optimale Positioniergenauigkeit erreicht.

Mit dieser einfachen Maßnahme und einer entsprechenden App wird das Handy zur interaktiven Sternkarte. Natürlich kann die Kamera mit den nötigen Belichtungszeiten keine Schwenks des Teleskops nachverfolgen. Das leisten aber die im Smartphone verbauten Giro-Sensoren. Im Rahmen ihrer Genauigkeit würde das aber für eine korrekte Positionierung nicht ausreichen. Daher wird nach einem ersten Schwenk, der mit Hilfe dieser Sensoren vermessen wird, das Teleskop einen Moment lang in Ruhe gelassen, so dass eine neue, nicht verwackelte Aufnahme mit der Kamera wieder eine genau Position liefert. Um dann noch eine kleine Justage im bereich von vielleicht 3° durchzuführen, reichen die Giro-Sensoren völlig aus und man kann das gesuchte Objekt hinreichend genau ansteuern - jedenfalls vor allem so genau, wie man zuvor Teleskop und Smartphone aufeinander eingestellt hat. Das ist eine Vorbarbeit, die man am besten mit Hilfe eines auffallend hellen Sterns erledigt. Er sollte bei hoher Vergrößerung im Okular positioniert und dann ebenfalls bei hoher Vergrößerung - indem man mit zwei Fingern ins Foto einzoomt - in der Aufnahme des Smartphone unters digitale Fadenkreuz gebracht werden. Macht man dies genau genug, dann reicht die Genauigkeit sogar für Positionierungen mit 200× aus.

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Nach einem Schwenk grob in Richtung auf das gewählte Ziel braucht die App eine nicht verwackelte Belichtung: Man wird aufgefordert, einen Moment lang nicht am Gerät zu wackeln.

In der Praxis funktioniert das dermaßen unkompliziert, dass man mit dieser Technik sogar Objekte ansteuert, die so schwach sind, dass man sich auf ein manuelles Suchen kaum eingelassen hätte. Die Gewissheit, dass das Objekt im Feld ist, insbesondere dann auch mit derselben Abweichung von der Bildmitte, also an derselben Stelle zu finden ist, wie ein in der Nähe angefahrener Test-Stern, macht es möglich, auch Objekte zu sichten, die sich grenzwertig schwach vom Himmelshintergrund abheben.
Schwenkt man sein Teleskop dabei von Hand, weil man Rutschkupplungen oder einen Dobson nutzt, dann ist hier ein Kritikpunkt an Goto-Systemen allgemein vom Tisch: Der Beobachter weiß schon noch, wo am Himmel ein Objekt angesteuert wird. Gerade beim manuellen Schwenkt sieht man schon, wo es hingeht und beim genauen Ansteuern des Objekts schaut man eben auch auf die Detailansicht der Karte. Es handelt sich also nicht um das blinde Ansteuern, wie es mit klassischem Goto der Fall ist.

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Etwas ironisch kann man es schon finden, dass man nach erfolgreicher Einstellung des Teleskops aufgefordert wird, auch mal durch das Okular zu schauen...

Das Ganze ist - es wäre ja auch zu schön - natürlich nicht frei von Nachteilen. Der gravierendste aus Sicht des visuellen Beobachters ist definitiv der Verlust der Dunkeladaption. Dies ist definitiv nicht vom Tisch indem die Karten-Darstellung auf einen Rot-Modus umgestellt wird. Selbst die schwarzen Bereiche des Displays haben noch eine gewisse Hintergrundhelligkeit und diese stört bereits. So sieht der Beobachter nicht nur die verbleibenden Display-Elemente wie Uhrzeit und Netzverfügbarkeit, die sich der Rotlicht-Darstellung wiedersetzen. Beim Wechsel vom Display ans Okular bemerkt man, dass das ganze Rechteck des Displays als ein blinder Schatten im Sehrkeis nachwirkt. Dunkeladaption baut sich dann erst langsam wieder auf und sie erreicht dann eben nicht jene Werte, die bei tiefster Dunkelheit möglich sind. Vielmehr sind die Einschränkungen selbst unter 4,5mag Stadt-Himmel spürbar. Hier hilft nur eine Rotlicht-Folie, mit der man das Display des Smartphones abschirmen muss.

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Das reicht so nicht! Auch wenn die Darstellung der App im Nacht-Modus rot ist, bleibt selbst der dunkle Hintergrund des Displays zu hell um eine ordentliche Dunkeladaption zu erlauben.

Ein weiteres Problem ist die Tauglichkeit des Smartphones für halte Nächte. Das Gerät ist nicht besonders taugefährdet, wenn es in Betrieb ist und dadurch eine gewisse Wärme produziert. Problematisch wird es, wenn diese Wärme in sehr kalten Nächten nicht ausreicht und der Akku auf kritische Werte abkühlt. Die Batteriekapazität scheint erschöpft und das Handy nimmt auch von einer Powerbank oder einer anderen Stromquelle keinen Ladestrom an - bei völlig leerem Akku verweigern aber die meisten Smartphones einen Start, auch wenn sie an eine externe USB-Versorgung angeschlossen sind. Dann ist Schluss mit der einfachen Suche, bis man das Smartphone wieder aufgewärmt hat - was natürlich in der Jackentasche nicht ewig dauert, andererseits aber auch nicht lange vorhält. Wer also nachbessert und eine Heizfolie in die Halterung einbaut, wird auch ein in der Kälte träge werdendes Display damit kurieren.
Nachdem sich diese Lösung von Celestron ein wenig herumgesprochen hat, fanden sich nicht wenige Sternfreunde, die sich nach dem günstigsten Weg umschauten, diese App aufs Smartphone zu bekommen. Dabei stellte sich heraus, dass die Technik, die man gern an jedem Teleskop nutzen möchte - und wovon alte Hasen vielleicht deutlich mehr als nur eines haben - nicht ohne ein daran hängendes Teleskop zu kaufen ist. Weder App noch Smartphone-Halterung mit Spiegel sind im einzeln erhältlich. Zwar gibt es die App im App-Store, aber für die Verwendung wird ein Freischaltungs Code benötig.

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Dem Nachtmodus der App folgen nicht alle Anzeigen des Smartphones.
Da man aber als Deepsky-Beobachter die gesamte Rechteckform als blinden Fleck im Sehfeld bemerkt, ist auch die Resthelligkeit der dunklen Teile des Displays noch zuviel.

Dieser hat es nun noch einmal in sich. Bei den günstigsten StarSense Teleskopen handelt es sich um Geräte, die man als Schüler-Teleskope bezeichnen möchte. Typische Komplett-Sets wie 70mm Refraktoren oder 114mm Newtons. Alle Geräte haben eine senkrecht stehende Prismenaufnahme, die jeweils zum Tubus passt oder auch mal an der Gegengewichtstange sitzt, und die stets gleiche Smartphone-Halterung, die in diese Prismen-Aufnahme eingesteckt wird. Bei der Aktivierung der App mit dem beiliegenden Freischaltcode ist auch der Teleskoptyp einzustellen. Hier gilt es etwas aufzupassen, denn die Wahl des Teleskoptyps entscheidet darüber, welche Objektkataloge für die Suche freigegeben werden. Celestron schreibt dazu lapidar. dass die Beschränkung im wesentlichen auf die Messier-Objekte dafür sorgt, dass der Benutzer eines StarSense Explorer LT127 AZ wegen der kleinen Teleskopöffnung gar keine Chance habe, mehr als nur die Messier-Objekte mit seinem Gerät zu beobachten. Wolle man nun das StarSense an einem anderen Gerät nutzen, dann müsse, man sich die Objektpositionen halt aus einem Sternatlas heraussuchen und mit einem nahegelegenen Stern dort hin navigieren. Das ließ darauf schließen, dass es eine Abhängigkeit zwischen Freischaltcode und Teleskoptyp geben könnte.  Inzwischen berichten aber Besitzer, dass man auch als Nutzer eines kleinen Celestron-Modells den in der App hinterlegten Teleskoptyp ändern kann.

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Trick 17? Der Teleskoptyp lässt nachträglich ändern, so dass die App auch solche Objekte suchen kann,
 die über die von Celestron erwarteten Fähigkeiten des Teleskops hinaus gehen.
Gut so, denn es gibt nicht wenige Objekte, die den Blick lohnen!

Wenn man nicht gerade sehr schwierige Objekte auswählt - wie Mayall II, auch bekannt als G1, den noch am ehesten mit Amateurmitteln erreichbaren Kugelsternhaufen der Andromedagalaxie - gibt es nicht wenige Objekte, die bei der Auswahl eines kleinen Teleskops nicht zur Verfügung stehen, obwohl sie dennoch mit dem Gerät beobachtbar wären. Beispielsweise der Kugelsternhaufen NGC 6229 im Sternbild Herkules, der sich auch aus der Stadt heraus problemlos mit 100mm Öffnung sichten lässt.

Ob das für jede Freischaltung gilt, lässt sich nur hoffen, gegenteiliges ist aber nicht zu hören. Und so lässt sich eine ausgewachsene StarSense-Suche schon recht günstig beschaffen. Die Geräte mit dem LT im Namen kosten allesamt derzeit* weniger als 300 Euro. Geräte mit dem DX kosten deutlich mehr, das teuerste unter diesen ist ein SC mit 6" Öffnung, was derzeit schon ein Loch von ca. 1050 Euro in die Kasse reißt. Das neuste Spitzenmodell unter den StarSense Explorer DOB Geräten ist ein 12” Dosbon der mit 2149 Euro zu Buche schlägt. Was ein Preisvergleich mit ähnlichen Dobson Modellen allerdings erahnen lässt, ist der mit wachsendem Gerät ungleich höhere Preisaufschlag, den sich Celestron die Nutzung der App kosten lässt. So kostet der 10" Dobson mit StarSense derzeit etwa 650 Euro mehr als ein vergleichbar ausgestatteter GSO - da macht der Aufpreis mehr aus, als der für einen StarSense Explorer 130 AZ verlangte Preis und mehr als 3× so viel wie der für knapp 200 Euro erhältliche 70mm Refraktor StarSense Explorer LT 70 AZ überhaupt kostet. Nun, dafür macht man eben Patente und das dürfte auch erklären, warum Celestron bislang nicht auf den Gedanken gekommen ist, die StarSense-App und die dazugehörige Smartphone-Halterung einzeln zu verkaufen. Rein mechanisch betrachtet ist die von Celestron angebotene und zum Abfotografiern vom Okular gedachte Smartphone-Halterung NexYZ übrigens noch etwas Aufwändiger als die StarSense-Halterung, da sie eine justierbare Achse mehr und die  Okular-Klemmung beinhaltet. Die mechanische Verwandtschaft der beiden Halterungen lässt sich aber nicht abstreiten. Die Foto-Halterung ist für etwa 75 Euro Listenpreis zu haben. Blüten der Marktwirtschaft.

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Wo der Hersteller nicht will, hilft die Community: Ein Adapter, um die vorhandene Halterung in einen normalen Prismen-Sucherschuh einzusetzen, lässt sich als 3D-Druck-Modell finden.

Ob sich mit der Zeit an dieser Einstellung von Celestron etwas ändert, lässt sich schlecht vorhersehen. Was sich aber sehen lässt, sind die bereits verfügbaren 3D-Druck-Modelle, mit deren Hilfe man eine vorhandene StarSense Halterung auch an andere Teleskope montieren kann. Es ist eigentlich nicht ganz einzusehen, warum Celestron eine solche Lösung nicht zu einem Fairen Preis anbieten mag. Derzeit jedenfalls möchte Celestron lieber dazu zwingen, ein Teleskop zu kaufen, was man ansonsten gar nicht haben wollte, um dann auch noch basteln zu müssen.

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Die bekannte App SkySafari lässt neuerdings - nach Eingabe des Freischalt-Codes und bislang nur in der iOS-Version - die Nutzung von StarSense zu.

Eine weitere interessante Entwicklung ist die Integration der StarSense-Funktionalität in die App SkySafari. Zu diesem Zeitpunkt (*) ist das nur in der iPhone-Version möglich. Hier kann StarSense - ebenfalls nach Eingabe des Freischalt-Codes - ebenfalls aktiviert werden.

*) Preisniveau 7/2023

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