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Supermond und Phänomene, die keine sind

Über die Wahrnehmung von astronomischen Ereignissen in der Tagespresse

„Pink Moon“ am 27.4. früh morgens um 5:30 Uhr - Supermond. Was heißt das eigentlich? Das scheinen sich diesmal tatsächlich auch ein paar Pressevertreter gefragt zu haben, denn anders als bei den zahlreichen sogenannten Mondereignissen, haben sich einige von Ihnen denn doch gefragt, wie denn der Mond nun pink werden soll? Vielleicht, da sich das Blau der Morgendämmerung mit dem zum Untergang hin rot gefärbten Mond mischt? Aber nein, die Lösung ist völlig irdisch und menschlich: In Amerika blüht also um diese Zeit im April pinkfarbener Phlox, und mit „Pink Moon" ist also nicht der Vollmond, sondern der Monat im Sinne einer Jahreszeit gemeint.

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Vor allem der Vordergrund lässt den Mond auf superlativ groß erscheinen.
Monduntergang anderthalb Tage nach Vollmond am 30.3.2021 gegen 7:30 Uhr MESZ

Aber immerhin, es soll sich bei diesem - und manchem anderen - Vollmond außerdem um einen Supermond handeln. Er sei größer, also vielmehr näher, als sonst. Und das wäre nun selten? Eigentlich nicht...

Supermond - Super-Uninteressant-Mond?

Was mit dem Supermond gemeint ist, ist ein Vollmond, der gerade zu dem Zeitpunkt stattfindet, wenn der Mond auf seiner etwas eirigen Umlaufbahn genau in Erdnähe ist. Das war am 27.4.2021 beinahe der Fall. Der Mond war an diesem Tag um 1:30 Uhr MESZ in Erdnähe, während Vollmond um 5:31, also nur wenige Stunden später eintrat. (Quelle: Stellarium) Nun hat die Presse in der Vergangenheit - und in Zukunft wird es wieder passieren - gerne den Superlativ betont: Größter Mond des Jahrhunderts, oder ähnliches. Womit jeweils gemeint war, dass der Moment des Vollmonds tatsächlich an solchen Tagen so zeitnah am Moment der größten Erdnähe stattfindet, wie dann wohl für ein paar Jahre nicht mehr. Interessant ist hier nur das Zusammentreffen der Ereignisse, denn Vollmond haben wir ja einmal im Monat - in manchen Monaten reicht es auch für einen zweiten Vollmond (das ist übrigens der „Blue Moon"), da der Kalendermonat etwas länger ist, als der Mond-Monat. Und auch in Erdnähe ist der Mond einmal auf jeder Runde um unseren Blauen Planeten. Nur dass eben das eine Ereignis alle 29 Tage und das andere alle 27 Tage eintritt.

Macht ein Supermond den Mond interessant?

Der Mond ist natürlich ein beeindruckendes Himmelsobjekt, aber eine Mond-Szenerie mit dem Vollmond über den Bäumen oder tief stehend und rötlich, vielleicht von den Luftschichtungen eirig verformt, ist völlig unabhängig vom Supermond beeindruckend. Denn ob Supermond oder nicht Supermond, das macht in etwas soviel aus, als würde man am ausgestreckten Arm einmal eine 1 Euro- oder wieder eine 2 Euro Münze vor sich hin halten. Der Unterschied ist bemerkbar, aber eher zu vernachlässigen. Übrigens entsteht der Eindruck eines besonders großen Mondes eher durch die Perspektive und unsere Angewohnheit, Dinge unbewusst zu vergleichen. Sehen wir den Mond hinter einer Entfernten Kulisse aus Bäumen oder auch hinter der Silhouette einer Stadt, dann begreifen wir intuitiv, dass der Mond erheblich weiter entfernt ist, und somit auch im Verhältnis drastisch größer sein muss, als die Objekte im Vordergrund. Anders sieht es aus, wenn der Mond hoch am Himmel steht. Hier fehlen direkte Vergleichsobjekte und man ist geneigt, sich den Mond  in einer scheinbaren Entfernung vorzustellen, die man mit dem Wort „Himmelszelt" ganz gut ausdrücken kann. Er wirkt dann weit weniger beeindruckend.

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Mondaufgang am 7.3.2021 um 4:30 in der Früh.
Dunst und Staub in den unteren Luftschichten färben den Erdtrabanten rot.

Wann ist es wirklich interessant, den Mond anzuschauen

Romantisch ist der Mond doch eigentlich immer, wenn die Szenerie passt - oder die Gesellschaft. Aber wer sich den Mond aus Interesse anschauen möchte, der wird das selten gerade bei Vollmond tun. Denn bei Vollmond ist der Mond für einen Beobachter fast so uninteressant wie ein Stück Sandwüste um 12 Uhr Mittags: Alles liegt in blendend grellem Sonnenlicht ohne jeden sichtbaren Schattenwurf. Daher ist also ein Super-Vollmond wunderbar romantisch und besser geeignet, um im Mondlicht Händchen zu halten, als wirklich den Mond anzuschauen.

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Während einer Mondfinsternis (30.3.2007) ist Vollmond,
Die Wanderung des Erdschattens auf der Mondoberfläche und die rote Farbe im Schatten
machen das Ereignis sehenswert,

Wer vom Mond etwas mehr sehen will, der sollte sich solche Tage aussuchen, an denen der Mond nicht voll beleuchtet ist. Mit einer Ausnahme: Mondfinsternisse finden immer zu Vollmond statt, und sind auf ihre Art natürlich beeindruckend. Genau genommen ist eine Mondfinsternis gerade aus demselben Grund interessant, weshalb auch die Mondbeobachtung abseits von Vollmond interessant ist: Es gibt dann nämlich Schatten auf dem Mond. Bei der Mondfinsternis ist natürlich die Wanderung des Erdschattens und die Farbe des Mondes im Kernschatten spannend. Mondfinsternisse, bei denen der Mond durch den dunkelsten Bereich des Erdschattens wandert, werden übrigens dann gern “Blutmond” genannt.

Bei allen anderen Mondphasen sind jedenfalls gerade die Schatten der Mondgebirge und Krater das interessante, denn sie erlauben uns, die Mondoberfläche plastisch wahrzunehmen. Während das mit bloßem Auge sehr schwierig - aber nicht völlig unmöglich ist, genügt schon ein kleines Fernglas, um die ersten Eindrücke der Mondoberfläche zu bekommen. Noch mehr zeigt ein kleines Schülerteleskop. Der Mond ist ein dankbares Objekt, da er schon mit kleinen Teleskopen sehr interessant ausschaut, und sich aufgrund der Wanderung der Schattengrenze, des sogenannten Terminators, jeden Tag etwas anders präsentiert. Besonders an dieser Schattengrenze fällt das Licht ganz flach auf die Mondoberfläche und es zeigen sich sogar sanfte Bodenwellen, so dass der ansonsten wie gegossener Esstrich aussehende Boden der Mondmeere (sogenannter Mare, Mehrzahl Maria) Strukturen zeigt, die Ahnen lassen, dass diese einstigen Lava-Seen sich beim Erkalten verformt haben, ganz ähnlich wie die Haut auf abkühlendem Vanillepudding - um hier einen Vergleich aus des Lebens praller Fülle anzubringen.

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Der Mond im Teleskop: So möchte man die Mondoberfläche gerne sehen.
Hier die “lange Wand”, eigentlich eine Böschung, die nur durch Ihren Schattenwurf erkennbar wird.
 Bei Vollmond ist sie praktisch unsichtbar.

Immer etwas neues auf dem guten, alten Mond

Aber der Mond hat noch ein paar Überraschungen mehr auf Lager. Falls man nämlich meint, dass sich die Lichtsituation Monat für Monat wiederholt: Das ist nicht ganz richtig. Eigentlich wiederholt sich dieselbe Lichtsituation nur etwa alle 18 Jahre und das auch nur ungefähr, denn: Der Mond hat eine Umlaufbahn, die um etwa 5° schräg zur Bahnebene der Erde um die Sonne liegt. Dadurch umkreist er die Erde nicht „über dem Äquator entlang“, sondern er steht mal nördlicher und nach einem halben Umlauf wieder südlicher davon. Die extrem-Positionen nennt man größte Nord- bzw. größte Südbreite. Im Gegensatz zum Supermond sind dies wirklich interessante Bahnpunkte, denn sie erlauben es uns, etwas um die Ecke zu schauen. Steht der Mond nördlich, schaut man von der Erde aus etwas auf den Südpol, während der Nordpol aus dem Blick verschwindet. Bei größter Südbreite ist es anders herum. Ein ähnlicher Unterschied im Blickwinkel, nur zwischen Ost- und West, entsteht, wenn man den Mond einmal zu Mondaufgang, also östlich von uns betrachtet, und dann wieder zu Monduntergang, also westlich von uns. Durch die Erdrotation hat man dabei seinen Blickwinkel um fast einen Erddurchmesser verschoben, und kann also mal westlich und mal östlich um die Ecke schauen. Man nennt diese Effekte die Libration und diese erlaubt es uns, im Verlauf einiger Zeit mehr als nur die uns zugewandte Hälfte des Mondes zu sehen. Tatsächlich ist es daher von der Erde aus möglich, etwa 59% der Mondoberfläche zu sehen. Nur eben nicht gleichzeitig.

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Besonders wenn der Mond nahe bei hellen Planeten und Sternen steht, ist der Anblick reizvoll.
Hier ist strahlend  auch unser Nachbaroplanet Venus im Bild.
Rechts unterhalb des Mondes der Stern Aldebaran. (21.4.2015)

Wer den Mond öfters beobachtet, lernt auch, sich zu orientieren und weiß um besonders interessante Tage im Mondalter, weil dann der Schattenwurf für besondere Lichteffekte sorgt. Besonders beliebt ist der sogenannte goldene Henkel, ein Phänomen, bei dem das Ringgebirge um die Regenbogenbucht bereits im Sonnenschein liegt. Die eigentliche Bucht  - der Boden eines halb geöffneten Kraters  - liegt währenddessen noch im Dunkeln. Und so scheint ein Halbkreis über die Schattengrenze zu ragen. Ein anderes, beliebtes Ereignis, eher für die Beobachtung mit dem Teleskop, ist der Hesodius-Strahl, bei dem die Aufgehende Sonne durch eine Lücke im Ringgebirge einen Lichtstrahl über den Kraterboden wirft. Ein weiteres sehenswertes Detail ist die “Lange Wand”, eine Welle in einem Kraterboden, die über etliche Kilometer gerade verläuft.

Irdischer Widerschein

Für jeden sichtbar, der buchstäblich mit offenen Augen, und gerade nicht zu Vollmond nach dem Mond schaut, ist das aschgraue Mondlicht ein hübscher Anblick. Man sieht es, solange die Mondsichel recht schmal ist, denn dann ist die Erde vom Mond aus gesehen recht voll beleuchtet, und unser blauer Planet hellt die Mondoberfläche abseits des grellen Sonnenlichts soweit auf, dass man die runde Form des Mondes neben der Sichel erkennen kann - und zumindest mit dem Fernglas sogar noch ein paar Strukturen, wie beispielsweise den besonders hellen Krater Aristarchus.

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Detailaufnahme vom der oben gezeigten Begegnung von Mond und Venus.
Die von der Sonne beschienene Mondsichel ist überbelichtet,
der Rest der Mondoberfläche wird vom Erdlicht beleuchtet.

Glückstreffer und Zivilisationsspuren

Wer sehr großes Glück hat, kann ein sogenanntes TLP beobachten. Die Abkürzung steht für Transient Lunar Phenomena (auch LTP, also Lunar Transient Phenomena) und bezeichnet kurzzeitige Helligkeitsveränderungen auf der Mondoberfläche. Das kann zum Beispiel der Blitz beim Einschlag eines kleinen Meteoriten sein, wie er bei der Mondfinsternis vom 21.1.2019 auf Videos der Mondfinsternis auftauchte. Andere Phänomene scheinen Dunstwolken zu sein, die über jüngeren Kratern gesichtet wurden.
Ein besonderes Interesse gilt wohl auch den Landeplätzen von Raumfahrzeugen. Zu gerne möchte man einmal nachschauen, ob da oben noch die Fahne weht - aber dazu reichen von der Erde aus nicht einmal die größten Profi-Teleskope - zumindest für die nächsten Jahre nicht. Die kleinsten Strukturen, die man mit Amateurteleskopen sehen kann, sind nicht viel kleiner als 1km groß. Mit Satelliten in der Mondumlaufbahn, die den Mond fotografisch kartieren, ist es aber bereits gelungen, die Landeplätze aufzunehmen. Trotzdem: Viele Mondatlanten enthalten Markierungen der Landeplätze bemannter und unbemannter Mondmissionen. Man kann auf jeden Fall einmal dort hin schauen, denn die Gegenden sind ja angeflogen worden, eben weil sie interessant sind.

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Die Regenbogenbucht. Der nun gleißend helle, halbrunde Kraterwallvor bildete vor einigen Stunden
den “goldenen Henkel”, während der Boden des Kraters noch im Dunkeln lag.

Wer also jetzt vom Supermond kommend den Gedanken gefasst hat, weniger ist mehr, und daher beim nächsten “Halbmond” mit einem kleinen Hilfsmittel zum Erdtrabanten schaut, bekommt auf jeden Fall mehr zu sehen, als beim noch so großen Supermond.

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