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Teleskope zur Planetenbeobachtung
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Jupiter im TS 1235/975 ED am 11.10.2022
Jupiter aufgenommen mit einem 125mm ED-Apo (12.10.2022)

Es wird ja recht häufig gefragt, welches Teleskop man denn benutzen oder kaufen sollte, wenn man vor allem die Planeten in unserem Sonnensystem beobachten möchte. Dabei ist der Blick auf den Mond und oft auch die Sonne eingeschlossen. Vor allem in alten Büchern, leider auch bei oberflächlicher Beratung, erhält man oft einfach die Antwort, dass Refraktoren (also Linsenteleskope) besonders gut geeignet seien. Dieser simple Beratungsansatz ist aus heutiger Sicht falsch, auch wenn moderne Literatur ihn zuweilen noch aus alten Werken abschreibt. Einfach irgend ein Linsenteleskop für die Planetenbeobachtung zu kaufen, insbesondere ein billiges, hat ein großes Fehlschlag-Potenzial. Wer den Pauschal-Ratschlag “Refraktor” in der Beratung bekommt, kann sich seinen Teil dazu denken, wenn er den folgenden Artikel gelesen hat.

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Mars am 30.8.202 mit einem 200/1000 Newton fotografiert

Vor gut 30 Jahren hatte der Ratschlag natürlich gute Gründe. Das ist zum einen die damals übliche Auslegung von Linsenteleskopen: Sie waren meistens sehr schlanke Teleskope, die also ein kleines Öffnungsverhältnis hatten.  Warum man Spiegelteleskope nicht empfehlen mochte, mag am Markt gelegen haben. Spiegel wurden vor gut 50 Jahren häufig selbst geschliffen, wobei vor allem die Messmethoden der Amateure es schwierig machten, einen Spiegel perfekt zu parabolisieren. Damit muss auch die Optikindustrie ihre Probleme gehabt haben, denn als Massenware nahmen die Spiegelteleskope eher mit den Schmidt-Cassegrains gegen Ende der 1980er Jahre ihren ersten Anlauf, oder im kleineren Bereich mit dem 114/900 Newton. Diese Geräte nutzen alle Kugelspiegel und nicht den komplexer zu fertigen Parabolspiegel. Zwar bräuchte auch der 114/900 Newton einen Parabolspiegel, aber die Abweichung zwischen Kugel- und Parabolform liegt beim 114/900 gerade eben noch im Rahmen der optischen Toleranz. Gerade eben noch bedeutet aber auch, dass das mal gerade so ging. Und aufmerksame Beobachter konnten das auch bemerken. Das gilt heute zwar immer noch für den 114/900 Newton, aber eben nicht mehr allgemein für jedes Newton-Teleskop. Korrekt gefertigte Parabolspiegel sind, wie auch noch komplexere Spiegelformen, zur Massenware geworden.

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Jupiter am 5.6.2018 mit einem 180/2700 Mak aufgenommen

Aber auch die heute gebauten Refraktoren haben sich verändert. Sie haben größere Öffnungsverhältnisse, wirken gedrungener. Das stellt aber besondere Anforderungen an die Korrektur des Linsenobjektivs - Anforderungen, denen achromatische Objektive nicht mehr unter allen Gesichtspunkten gerecht werden. Die Folge ist ein stärker sichtbar werdender Farblängsfehler, also Farbsäume, die besonders an starken Kontrasten deutlich werden. Das stört die Planetenbeobachtung. Man muss also für ein ausgewiesenes Planetenteleskop andere, teurere Objektivbauweisen verwenden, während man für ein Allround-Instrument vielleicht kein Problem darin sieht, die geringere Abbildungsqualität der günstigen FH oder achromatischen Objektive zu akzeptieren. Dadurch aber kann man nicht mehr “einfach so” ein Linsenteleskop empfehlen, wenn man nach einem Teleskop für Planeten gefragt wird. Für die Planetenbeobachtung wünscht man sich heutzutage die Fähigkeiten eines apochromatischen Refraktors.

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80mm Öffnung, 1200mm Brennweite: Ein Achromat nach Fraunhofer mit kleinem Öffnungsverhältnis.

Der Farblängsfehler wird beim Vergleich zwischen Linsen- und Spiegelteleskopen gern ignoriert, dabei stört er die Planetenbeobachtung mindestens genauso wie der Kontrastverlust, den typische Spiegelteleskope durch Obstruktion erleiden. Der Farblängsfehler kann bei Geräten von der Stange sogar leicht ein Ausmaß annehmen, das mit Obstruktion einfach nicht mehr - im negativen Sinne - aufzuwiegen ist. Ganz kurz sei auch erläutert, warum solche Refraktoren heute gebaut werden: Der Beobachter schwacher Deepsky-Objekte schaut mit dem dunkeladaptierten Auge kaum andere Farben als grünes Licht, weil die Empfindlichkeit des Auges durch die Dunkeladaption in diesem Bereich extrem erhöht ist. Stellt man das Teleskop genau darauf scharf, ist bei einer schwach leuchtenden Galaxie von einem Farbfehler nichts mehr wahrzunehmen. Für den Zweck also ein gutes Teleskop. Planeten sind dagegen hell, so dass man deren Farbe wie bei Tageslicht erkennt - was ja gerade auch den Reiz ausmacht.

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Refraktoren sind heute viel kompakter und haben also ein größeres Öffnungsverhältnis.

Betrachten wir also je nach Optikprinzip, welche Eigenschaften ein gutes Planetenteleskop haben muss:

Fraunhofer Objektive
(kurz FH aber auch verkittete Achromaten)

Diese Optiken benötigen ein Öffnungsverhältnis mit wenig Restfarbfehler (Farblängsfehler).  Der Restfarbfehler ist eigentlich immer vorhanden, kann aber durch eine lange Brennweite in der natürlichen Beugungsunschärfe versteckt werden. Ganz gelingt das mit machbaren Geräten kaum, aber es gibt dafür Leistungskriterien. Das Conrady-Kriterium ist beispielsweise recht streng, während das Sidgewick-Kriterium mehr von der allgemein praktischen Brauchbarkeit der Optik als Allrounder ausgeht.
Egal welches Kriterium: Das jeweils benötigte Öffnungsverhältnis ist abhängig vom Öffnungsdurchmesser und am besten in einer Tabelle darzustellen. Wenn man von einem Teleskop sprechen möchte, welches für Planetenbeobachtung bewusst ausgesucht wurde, sollte man sich wenigstens an das Sidgewick-Kriterium halten. Besser wäre es, wenn das Gerät auch das Conrady-Kriterium erfüllt. Dass auch Teleskope Planetenbeobachtung erlauben, die diese Kriterien weit verfehlen, sei unbestritten. Es wäre nur sehr ungeschickt, ein solches Teleskop explizit zur Planetenbeobachtung anzuschaffen. Die beiden Standards sind - da es sich um letztendlich fließende Entwicklung von Werten handelt - etwas willkürlich nach Beobachtungserfahrungen festgelegt. Und zwar über den CA-Index, der sich für einen Achromaten oder FH errechnet aus Öffnungsverhältnis geteilt durch den Durchmesser der Optik in Zoll.

TabelleRC
Die Tabelle zeigt, welche Öffnungsverhältnisse für Achromaten und FHs anzustreben sind.
Das Sidgewick-Kriterium gilt für einen Allrounder, für ein explizites Planetenteleskop das strenge Conrady-Kriterium.

Die Tabelle zeigt, dass die sich ergebenden Werte für kleine Öffnungen leicht erreichbar sind.  60mm Öffnung und f/11,8 bedeuten 708mm Brennweite und sind recht handlich. Der häufig anzutreffende 70/700 Einsteiger-Refraktor ist mit f/10 auf halbem Wege zwischen Sidgewick und Conrady-Standard. Das ändert sich aber schnell mit zunehmender Öffnung. 100mm Öffnung, also ein Vierzöller, schlagen beim Conrady-Standard mit 1970mm Brennweite zu Buche, da ist das Teleskop so lang, wie der Beobachter. Wenn man also einen Achromaten mit 152mm Öffnung als f/6 oder f/8 ausgeführt angeboten findet, dann liegt das vor allem daran, dass die Geräte anders ausgelegt kaum jemand mehr montieren oder transportieren möchte. Kleinere Öffnungsverhältnisse, also extrem lange Geräte, werden dann bei entsprechenden Herstellern eher individuell bestellt.

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Der Mond aufgenommen mit dem oben abgebildeten 80/1200 Linsenteleskop mit Fraunhofer-Objektiv (FH).
An harten Kontrasten zeigt sich ein leichtes Farbspiel zwischen Violett und Zitron,
das in der Mondübersicht noch kaum auffällt, bei hoher Vergrößerung aber auffällig wird.

Apo, ED & Co

Andere Maßstäbe gelten für ED-Objektive oder beim Apochromaten, kurz Apo: Gerade der Begriff Apo ist eine Definitionsfrage und eigentlich ist die Unterscheidung ED oder Apo schon falsch. Moderne Glassorten erlauben  Glaspaarungen, bei denen sich der Farblängsfehler drastisch reduzieren lässt. Bei vielen Geräten ist dieser dermaßen gut korrigiert, dass man im fokussierten Bild keinerlei Farbfehler sieht, sondern nur anhand eines hellen, defokussierten Sterns Farbverschiebungen in den Beugungsringen wahrnimmt. Noch besser sind Geräte, bei denen sogar die Beugungsringe weiß bleiben. Solche Geräte sind zweifellos bei gleicher Öffnung am Planeten nicht zu toppen, jedenfalls wenn die Optik ansonsten beugungsbegrenzt abbildet. Kurz gesagt: Wenn der Hersteller alles richtig gemacht hat.

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Die ausgesprochen schöne Bildqualität dieses SD-Apos entstammt auch dem entspannten Öffnungsverhältnis f/7,7.

Es gibt aber auch Optiken, die meist auf ein eher großes Öffnungsverhältnis (wieder relativ zum Öffnungsdurchmesser) ausgelegt sind, oder welche auch keine ideale Glaskombination haben, so dass bei diesen Geräten Restfarbfehler sichtbar sind. Das ist vor allem auch eine Preisfrage. Diese Restfarbfehler können eine zunächst erstaunliche Intensität haben. Ein kleiner Farblängsfehler führt dazu, dass die Farben immer noch stark gebündelt werden, wodurch der Restfarbfehler am Stern betrachtet wenig Fläche hat und hell wirkt, während starke Fehlkorrektur den Restfarbfehler auf viel Fläche verteilt und dadurch dunkel werden lässt. Bei flächigen Objekten (Mond, Sonne und Planeten) egalisiert sich die Verteilung auf die Fläche durch die umliegende Fläche. Was ein „Bildpunkt" an Licht in Form von Farbfehler abgibt enthält er im Prinzip genauso von der betroffenen „Nachbarschaft“ auch wieder zurück und der Einfluss des Restfarbfehlers entspricht letztendlich dem Durchmesser des Zerstreuungskreises. Strukturen des Objekts werden in diesem Umfang eben verwischt. Das kann schon ordentlich Detail kosten, und die Auflösung des Geräts kann mal eben auf die Hälfte oder ein Drittel reduziert sein, jedenfalls in den betroffenen Farbbereichen.

Megrez110Vixen80L
Megrez ED 110/655 und 80L 80/1200
Alte und neue Auslegung von Refraktoren: Modern und gedrungen gegen den schlanken Klassiker.

Ein interessantes Beispiel ist der für Widefield (also schwache Vergrößerung) ausgelegte ED-Apo Megrez 110/655. Der Restfarbfehler der Optik zeigt sich vor allem im Roten und für Marsbeobachtung war das Gerät sichtbar ungeeignet. Man konnte Mars damit beobachten, aber es war klar erkennbar, dass man das Gerät nicht speziell für die Planetenbeobachtung auszusuchen sollte. Nun wird man sich schwer tun, ein Teleskop mit deutlich sichtbarem Farbfehler einen Apo zu nennen - aber das stört die Vermarktung heutiger Optiken überhaupt nicht. Das Gerät verwendet ED-Glas, also wird es als ED-Apo verkauft. Natürlich wäre ein FH oder Achromat mit denselben Eckdaten unübersehbar heftiger vom Farbfehler und weiteren Problemen betroffen, und insofern möchte man das bei der Vermarktung deutlich machen, aber als Kunde darf man eben nicht automatisch annehmen, dass die Verwendung von „Apo" im Zusammenhang mit einer Optik für ein Gerät steht, bei dem kein Farbfehler mehr sichtbar ist. Und ein sichtbarer Farbfehler reduziert automatisch die Verwendbarkeit der Optik bei der Planetenbeobachtung. Demgegenüber finden sich natürlich auch Apos, deren Abbildung einfach nach menschlichem Ermessen perfekt ist. Diese Geräte werden mit der Zeit auch günstiger. Vor der Jahrtausendwende gab es bei den wenigen Herstellern ganz besonders edler Apos noch Wartelisten von bis zum einem halben Jahrzehnt auf Geräte, die mehrere Tausend Euro bzw. damals DM kosteten.

Jedenfalls muss man feststellen, dass eine generellle Empfehlung für einen Refraktor zur Planetenbeobachtung eine Irreführung ist. Man muss vielmehr an das Gerät die Forderung stellen, dass es ein Bild möglichst ohne erkennbare Abbildungsfehler liefert. Und diese Forderung gilt, für jedes Teleskop, inbsesondere auch für:

Spiegel und Katadiopter

Spiegeloptiken stellen die überwiegende Mehrzahl an Teleskopen mit 200mm oder mehr Öffnung dar. Der typische Achtzöller war ab Ende der 1990er Jahre ein Schmidt-Cassegrain-Teleskop, heute ist es mehr und mehr der Newton in seiner günstigen Bauform als Dobson geworden. Übrigens sei erwähnt, dass das Schmidt-Cassegrain genau genommen keine einfache Spiegeloptik ist, sondern ein sogenannter Katadiopter, also ein Gerät, bei dem Linsen- und Spiegelelemente zusammenwirken müssen. Falls man glauben mag, dass es Fanatiker für das eine oder andere Prinzip gibt, also für Spiegel oder Linse, dann stellt ein Katadiopter somit die Quadratur des Kreises dar. Trotzdem kommt es bei den Geräten im Normalfall nicht zu einer explosiven Materie-Antimaterie Reaktion, sondern es gibt Exemplare mit einer schönen Abbildungsleistung. Mit diesem Seitenhieb soll einfach nur ausgedrückt sein, dass es für das Ziel Planetenbeobachtung eigentlich nur darauf ankommt, das eine Optik gut funktioniert, ohne dass man gleich als Anhänger einer bestimmten Teleskopbauart gelten muss.

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Ein kompakter Mak mit 90mm Öffnung: Kurz gebaut aber dennoch f/14.

Reine Spiegeloptiken haben naturgemäß kein Problem mit einem Farbfehler und auch Katadiopter sind praktisch immer so konstruiert, dass die zum Einsatz kommenden Linsenelemente keine spürbaren Farblängsfehler einbringen. Bis auf ein paar wenige Ausnahmen, teils Optiken für exotische Zwecke, teils aber leider auch Optiken nach absolutem Billigprinzip, arbeiten marktübliche Spiegelteleskope beugungsbegrenzt, das heißt die Optik liefert eine Abbildung mit einwandfreier Schärfe. Aber neben der Schärfe muss auch der Kontrast gut sein. Dafür ist bei Spiegeloptiken auch die Obstruktion maßgeblich.

Sieht man einmal von Schiefspieglern ab, gilt es bei der Spiegeloptik die sogenannte Obstruktion in sinnvoll kleinem Maß zu halten. Damit ist der Fangspiegel oder auch Sekundärspiegel genannte Gegenspiegel zum großen Hauptspiegel gemeint. Er wirft einen Schatten auf den Hauptspiegel und das führt zu Beugungseffekten. Das kann man sich am ehesten als ein “etwas blasseres Bild” vorstellen. Wenn die Obstruktion zu groß wird, stört das spürbar.
Daher lohnen sich kleine Optiken nur sehr bedingt und nur in bestimmten Konstruktionen. Ansonsten sind Spiegeloptiken meist größer ausgelegt und im Rahmen der Öffnung auch entsprechend leistungsfähig. Allein dadurch ist der Vergleich zu "bezahlbaren Apos" spätestens beim Achtzöller für viele Sternfreunde eher illusorisch. Die Frage "wieviel Euro kostet ein Apo, der einem 200/1200 Newton gleichzieht" sollte viel eher gestellt werden, als die Frage "mit welcher Apo-Öffnung zieht der 8-Zoll-Spiegel gleich". Grob gesagt kann ein vernünftig hergestellter 200mm Spiegel in praktisch jeder Auslegung die „Planeten-Leistung" eines Apos mit 130mm Öffnung abliefern, und im Falle einer konsequenten Auslegung wird es auch für einen Apo mit sieben Zoll Öffnung eng. Der Preisvergleich ist hingegen schon bei einem 4 Zoll Apo zugunsten des Spiegels entschieden.

Aber: Aufgrund der Größe und der marktüblichen Bauweise ist auch bei Spiegeloptiken einiges zu fordern. Und auch hier ist zu differenzieren, neben grundsätzlichen Ideen.

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200mm Öffnung ist bei der Planetenbeobachtung nicht zu verachten...

Grundsätzlich gilt wieder: Kleine Öffnungsverhältnisse sorgen für mehr Möglichkeiten. Bei gleicher Bauart sorgt das kleinere Öffnungsverhältnis immer für mehr Toleranzen bei der Justage. Weiter entspannt sich die Okularwahl: Es werden weniger teure Konstruktionen und Brennweiten benötigt.

  • f/15 ist diesbezüglich sehr entspannt, weil fast jedes heute angebotene Okular damit gut zurecht kommt.
  • Bei f/8 ist das Hauptproblem noch, dass die Okularbrennweiten für höchste Vergrößerungen recht kurz werden und je nach Konstruktion einen kritischen Augenabstand haben.
  • Bei f/6 schließlich ist die Okularwahl mit Geldaufwand und sorgfältigem Aussuchen verbunden.
  • Noch schnellere Spiegel, wie man sie vor allem als Newton und in Dobson-Bauweise findet, erfordern recht komplexe Okularkonstruktionen oder die Verwendung von passenden Barlow-Linsen, um eine gute Abbildungsqualität abzuliefern. 

Und so sollte die Länge und Größe des Geräts der einzige Grund sein, der zu einem großen Öffnungsverhältnis zwingt, denn wenn auch der 200/800 Newton deutlich günstiger ist, als ein 130mm Apo, die Kosten bei der Okularbeschaffung könnten dem Preisvorteil einen ziemlichen Dämpfer verpassen. Das ist übrigens ein recht greifbarer Unterschied zum Deepsky-Teleskop, bei dem vielfach ein großer überblickbarer Himmelsausschnitt gewünscht wird, und wieder zu einer kurzen Brennweite und entsprechend einem großen Öffnungsverhältnis führt. Zur Erinnerung: f/15 ist heute ein kleines Öffnungsverhältnis, f/4 ist und war schon immer ein sehr großes.

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... helle Reflexe auf unzureichendem Mattlack mindern den Kontrast.
Der weit in den Strahlengang ragende Okularauszug ist ein häufig anzutreffender Konstruktionsfehler.

Penible Justage und eine hohe Güte der Optik sind einzufordern, so dass beugungsbegrenzt oder 80 Strehlpunkte das absolute Minimum sind. 90 Strehlpunkte und mehr sind keine schlechte Idee. Komakorrektur oder Komakompensation sind zu überlegen, wenn das Gerät keine Motorisierung hat. Denn eine Motorisierung hält das Objekt in der Bildmitte, wo Koma nicht auftritt.  Eine einfache Motorisierung reicht übrigens aus für alle Objekte mit guten Beobachtungsmöglichkeiten, weil die Handvoll Planeten sowie Mond und Sonne recht unübersehbar leicht zu finden sind. Die Goto-Computersteuerung ist für Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn also nicht nötig. Wer die Herausforderung bei Uranus und Neptun jedoch nicht im selber Finden sieht, mag Goto gebrauchen können.

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Barlowed Laser - die Justagemethode ist egal, das Ergebnis zählt.

Wer sich, nach dem oben Genannten, mit der Obstruktion auseinandergesetzt hat, wird wahrscheinlich mit erschrecken feststellen, dass es unter den billigen Newton-Teleskopen auch einige Fehlkonstruktionen gibt, bei denen sich das Rohr des Okularauszugs bis fast zur Berührung des Fangspiegels in den Tubus hineindrehen lässt. Dann hat der Schatten des Auszugsrohrs auf dem Hauptspiegel meist mehr Fläche, als der des Fangspiegels, was also in Situationen wenn zum Scharfstellen der Okularauszug derart weit heruntergefahren wird, für den Planetenbeobachter eigentlich völlig inakzeptabel ist. Beobachter mit entsprechender Erfahrung werden sowas - und eben meist auch andere Unzulänglichkeiten am Teleskopaufbau rasch abstellen wollen.

Meist gibt es am Spiegelteleskop generell Verbesserungsbedarf in vielen Punkten, ehe man Massenware als Planetenteleskop hergerichtet hat. Andererseits ist die Leistung eines entsprechend ausgesuchten Geräts allein nach einer sauberen Justage und abgeschlossener Auskühlphase schon umwerfend gut! 150/1200 oder 200/1200 Newtons seien dazu einmal explizit genannt.

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Saugender Lüfter hinter dem Spiegel eines 10” Newtons (Galaxy Dobson)

Bei offenen Tuben, also Geräte bei denen nicht eine Korrekturlinse den Luftaustausch durch die Öffnung versperrt, muss man eine turbulente Auskühlphase mit heftigem Tubusseeing einkalkulieren. In dieser Phase sorgen unterschiedliche warme Luftblasen im Gerät für unerwünschte Lichtbrechung. Diese Phase muss nicht abgewartet werden, sondern man kann dem mit Belüftung entgegenwirken. Bei käuflichen Geräten findet man das aber nur selten wirksam umgesetzt, auch wenn irgendwo ein Lüfter angebracht wurde. Eine korrekte Belüftung zielt nicht darauf ab, die Optik zu kühlen, sondern an der warmen Optik erwärmte Luft nach hinten bzw. unten abzusaugen oder seitlich auszublasen.

MC152
Ein 6 Zoll Mak: Sinnvoll als Planetenteleskop, wenn andere Bauarten zu sperrig werden.

Bei geschlossenen Tuben ist die Auskühlphase weniger turbulent, sie kann aber von erheblicher Dauer sein. Als Gegenmaßnahmen empfiehlt sich entweder eine Tubus-Isolation oder auch eine Belüftung, die aber bei solchen Geräten meist deutlich umständlicher zu realisieren ist. Der ins Gerät eingebrachte Staub und Pollen ist ein weiterer Grund, der viele Sternfreunde davon abhält. Die Wirkung einer gut funktionierenden Tubus-Isolation wird aber generell, auch bei Geräten mit offenem Tubus, unterschätzt.

IsoMak
Unter dieser zugeschnittenen Isomatte steckt ein Maksutov-Cassegrain.
Die Isolation reduziert deutlich das auftreten von störenden Luftschlieren im Innern des Tubus.

Bei kompakten Geräten handelt es sich praktisch immer um Cassegrain-Varianten. Um auch bei kleinen Optiken die Obstruktion brauchbar klein zu halten, hat sich das Maksutov-Cassegrain durchgesetzt. Ein typischer Vertreter ist der 90mm Mak. Mit dem ED 80/600 "Volksapo" kann sich dieser Mak nicht messen, mit einem 80/1200 Fraunhofer hingegen schon. Was der Mak an Obstruktion verliert, verliert der FH allemal durch Restfarbfehler. Der Mak ist dabei aber wesentlich kompakter. Will man auf der Sicheren Seite sein bezüglich der Leistung, wählt man einfach ein Plus an Öffnung, also beispielsweise den Mak mit 100mm.

Diese Maks funktionieren meistens passabel out of the box. Man kann aber auch bei ihnen Krankheiten finden. Beispielsweise sind sie recht tolerant bei schlechter Justage, schwimmen dann aber bezüglich der Abbildungsleistung im Mittelfeld herum. Justagemöglichkeiten sind bei den kleinen Optiken begrenzt, so dass man leider Glück oder Pech haben kann. Ist das Gewinde für die Verschraubung der Meniskusfassung leicht schräg, kann das der normale Sterngucker nicht beheben. Trotzdem kein Grund, die Optik wegzuwerfen.

Tagblindheit oder Störlichteinfall durch kritisch dimensionierte Blendrohre sind auch typische Probleme der besonders kleinen Geräte - Nachts hingegen merkt man nichts mehr davon, solange nicht gerade Jupiter 1° neben dem Vollmond steht.

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Ein farbreiner Triplett-Apo - ein gutes Planetengerät, aber mit 4 Zoll eben nur wenig Öffnung.

Für alle Geräte mit dem Ziel Planetenbeobachtung gilt: Eine gewisse Mindestöffnung ist abzuwägen und heute auch keine unerreichbar teure Vorbedingung mehr. Dass man 1980 mehr als 60mm Öffnung nicht bezahlen konnte, ist heute einfach überwunden, so dass man sich die Frage stellen muss, ob man sich mit 80mm Öffnung wirklich zufrieden geben will. Ich glaube man sollte konkrete Gründe haben, warum es beispielsweise 80mm bleiben müssen. Denn 80mm Öffnung sind ja letztendlich in den allermeisten Fällen ein 80/600 Volksapo oder ein 80/1200 FH. Und da stellt sich schon die Frage, warum es nicht auch ein 127mm Mak oder ein 150/1200 Newton sein soll - was preislich vergleichbar ist und nur im Einzelfall eine besondere Hürde bezüglich Gewicht und Transport darstellt.

Man sollte sich auch nicht der Hoffnung hingeben, dass man durch Tuning Wunder vollbringen könnte. Es soll vor allem darum gehen, die Leistung des vorhandenen Teleskops voll auszuschöpfen. Kauft man ein gewöhnlich funktionierendes Teleskop einfach mit zwei Zoll mehr Öffnung, wird man dem mit allem Tuning nicht nachlaufen können. Tuning ist vor allem die Freude daran, zu sehen, wie gut eine vorhandene Optik abbilden kann. Man kann, wenn man so will, einer Optik keinen größeren Respekt erweisen, als sie zur Höchstleistung anzuspornen, und das bei möglichst häufigem Gebrauch.

Durchgeschaut...

Abschließen möchte ich das Thema mit einer Liste von konkreten Geräten, mit denen ich in den letzten Jahren sehr nett Planeten geschaut habe. Das kann keine vollständige Liste sein und diese Liste soll kein Gerät ausschließen - nur Ideen geben.

  • Skywatcher 80/600 ED-Apo: Felix' "Goldie" und ein weiteres Exemplar.
  • Vixen 80L: 80/1200 FH
  • Skywatcher 90/1250 Mak
  • Celestron C100ED-R: 100/900 ED Apo
  • Skywatcher 102/1300 Mak: Bei einem Gerät musste der Meniskus mit einem eingeklemmten Papier am Gewinde justiert werden - nicht von Dauer. Ein anderes Gerät brauchte diese Art Eingriff nicht.
  • Vixen ED114SS - gelungene Marsbeobachtung vor einigen Jahren
  • Vixen SD115S: SD Apo
  • Celestron 114/900 Newton - dieser eine unter vielen mäßigen... guter Ausrutscher?
  • 130/650 "Klorohr", mein aus einem Vixen R130Sf hervorgegangener Selbstbau.
  • 125/975  TS-Optics Doublet SD-Apo 125 mm f/7,8 - FPL53 / Lanthan Objektiv
  • 127/952 Meade ED-Apo (FCD-1) - blauer Restfarbfehler
  • 127/1500 Mak, mindestens 4 Exemplare von Skywatcher in Blau-Metallic
  • Bresser Messier 127/1900 Mak
  • Ylenna 150
  • 150/1200 Newton (diverse Exemplare, mal in  blau-metallic von Skywatcher oder als Skywatcher Dobson)
  • 180/2700 Mak. Skywatcher Skymax 180, Variante mit schwarz-metallic-Tubus
  • 200/1200 etliche Exemplare, vom berühmten Silberdobby, GSO, Skywatcher,
    bis zum Starfinder im Papp-Tubus, etliche Selbstbauten und Reisedobsons
  • 254/1250 Newton, Galaxy Dobsons oder GSO, besonders nach Fangspiegel-Entspannung
  • 300/1500 GSO Dobson "wie von der Stange" aber justiert.
  • 12,5" Newtons: Discovery Dobson, Selbstbau-Reisedobson
  • 18" Dobson
  • 44" Newton: Saturn in Melle

ESFCD1-127mm
Am Planeten nicht zu unterschätzen: 5 Zoll APO - aber nur wenn alles an der Optik stimmt.

Ergänzen möchte ich noch einige Optiken, denen ich gute Ergebnisse begründet zutraue:

  • 127/952 ED Triplett mit FCD-100, hier kenne ich nur ein Exemplar mit nicht optimaler sphärischer Korrektur.
  • Bresser Messier MC 152/1900. Bresser hat seine Maks mit etwas kleinerem Öffnungsverhältnis als die Konkurrenz von Skywatcher ausgelegt.
  • Zeiss AS 80/1200: Der 80/1200 als Fraunhofer ist schon gut, die Zeiss-Konstruktion legt eine deutlich bessere Farbkorrektur oben drauf! Spielt aber am Markt heute keine Rolle mehr.
  • TMB Triplett Apo 102/800 - ein auf Perfektion ausgelegter 4-Zöller: Keine Farbe in den Beugungsringen!
  • Intes MN 86: 200/1200 Mak Newton mit russisch auspolierten Oberflächen und Sitall-Optik

Man kann aus dieser Liste von Geräten eigentlich gut ablesen, welche Eigenschaften ein Planetenteleskop haben sollte.

Abschließend...

Dieser Artikel begann und wurde geschrieben mit dem Blick auf einen Pauschalen und eigentlich niemals wirklich zutreffenden Ratschlag. Zutreffender lassen sich aber diese pauschalen Ratschläge geben:

  • Ein kleines Öffnungsverhältnis ist Vorteilhaft für die Okularwahl und erleichtert die Herstellung einer fehlerfrei abbildenden Optik
    (f/15 ist in diesem Sinne klein, f/5 groß)
  • Die Optik sollte eine möglichst fehlerfreie Abbildung liefern.
  • Die Obstruktion bei Spiegelteleskopen sollte klein sein, ihr Durchmesser sollte besser unter 25% des Optikdurchmessers, ideal weniger als 20% des Optikdurchmessers betragen.
  • Günstige Refraktoren, sogenannte Achromate, Frauenhofer oder kurz FHs brauchen ein Öffnungsverhältnis das je nach Öffnung wenigstens dem Sidgewick-, besser dem Conrady-Standard entsprechen sollte.
  • Unter den als Apo vermarkteten Refraktoren eignen sich nur solche wirklich perfekt, die visuell ohne sichtbaren Farblängsfehler beugungsbegrenzt abbilden. Fotografisch ausgelegte Geräte, können auf die Anforderungen der Deepsky-Fotografie ausgelegt sein und dies nicht erfüllen.
  • Geräte mit nicht idealer Abbildung z.B. durch Fertigungsfehler, sogenannte “Gurken”, werden am ehesten bei der Planetenbeobachtung schlecht abschneiden.
  • Ganz gleich welcher Bauart: Die Optik solte sich im Bestzustand bezüglich Justage, Auskühlung, usw. befinden.

Ein wichtiges Schlusswort soll und muss sein, dass man sich die Planetenbeobachtung nicht verbieten sollte, nur weil man vermeintlich die falsche Optik dafür hat. Beobachtungen mit solchen Geräten sind nicht schlimm, es ist vielmehr schlimm, es mit der schrecklichsten Scherbe nicht wenigstens versucht zu haben. Das ist ganz etwas anderes, als eine eher ungeeignete Optik eigens für den Zweck zu beschaffen.

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* Aktualisiert am 21.8.2021
** Aktualisiert am 23.9.2023