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Teure Planetengucker

Pentax XW und Tele Vue DeLite mit 5mm Brennweite

TeleVue Delite und Pentax XW 5mm

Astronomisches Equipment kann auch beliebig, ja astronomisch teuer werden, wenn man sich an Top-Performance annähern möchte. Das ist sicherlich der Anspruch bei der Entwicklung der Pentax XW-Reihe gewesen und auch Tele Vue beschreibt ähnliche Gedanken zur DeLite-Baureihe.
Die DeLites sind ursprünglich von der Delos-Okularreihe abgeleitet worden. Durch den Verzicht auf etwas scheinbares Gesichtsfeld spart man Linsendurchmesser, Gewicht und letztendlich auch Geld. Mit den XW Okularen ging Pentax den umgekehrten Schritt und erweiterte das scheinbare Gesichtsfeld der erfolgreichen XL-Okularreihe. Die Geschichte der Pentax-Okulare reicht dabei deutlich weiter zurück, denn  die XL-Baureihe wurde schon 1996 und die XW-Serie im Jahre 2003 vorgestellt. Bei Tele Vue muss man nicht so weit zurückblicken. Die Delos-Baureihe ist mit Erscheinungsdaten 2011 und 2012 deutlich jünger und die neuesten Brennweiten der 2015 begonnenen DeLite-Reihe kamen 2017 auf den Markt.
Alle DeLite Okulare bieten unabhängig von der Brennweite 20mm Augenabstand, 62° scheinbares Gesichtsfeld und 1¼ Zoll Einsteckdurchmesser. Sie sind untereinander und mit vielen weiteren Tele Vue Okularen für Normalsichtige homofokal, benötigen also beim Okularwechsel untereinander nur kleine Fokuskorrekturen.
Tele Vue musste in der Vergangenheit einiges an Kritik einstecken, weil die sanft in Position einrastenden Halteringe der Gummiaugenmuscheln früherer Konstruktionen sich zu leicht und ungewollt verstellten. An den DeLite findet man eine bessere Konstruktion: Der Träger der Augenmuschel gleitet weich auf Filz über den Okulartubus und wird durch anziehen eines Schraubrings mit einer selbstzentrierenden Klemmung dosiert zwischen sanft und bombenfest in der Wunschposition fixiert. Zur Augenmuschel passt übrigens Tele Vues Dioptrx-Korrektor, der auch Beobachtern mit einer starken Hornhautverkrümmung das Tragen der Brille erspart.

Leicht geänderte Typenschilder zweier XW aus Ricoh Produktion
Die beiden XW sind (im Bild nicht sichtbar) mit Typenschild von Ricoh versehen. Das neuere 5mm aber hat ein etwas billiger wirkendes Label, auf dem der hübsche Goldton aus Pentax-Zeiten ersetzt wurde.
Optisch relevante Qualitätsunterschiede sieht man nicht.

Auch die Pentax XW Reihe bietet 20mm Augenabstand in allen Brennweiten, liefert aber mit 70° spürbar mehr scheinbares Gesichtsfeld. Die zwei Zoll Okulare mit 30mm und 40mm sind vor kurzem aus dem Programm genommen worden. Bei allen anderen Brennweiten handelt es sich auch um 1¼  Zoll  Okulare. Sie sind nicht komplett homofokal, aber wasserdicht, zumindest Spritzwasser geschützt, ausgeführt. Seit dem Erscheinen der XL Baureihe ist die stufenlos verstellbare Augenauflage von Pentax legendär und man findet sie auch an den XW, die nach der Übernahme von Pentax nun durch Ricoh vertrieben werden.

Detail der Steckhülsenseite
Der am Rand der Steckhülse des XW (l.) aufgetragene Mattlack ist erkennbar dunkler,
als die Schwärzung der Blenden beider Okulare.

Das Pentax XW 5mm ist also schon einige Zeit erhältlich und ein erfolgreicher Nachfolger des früheren Pentax XL 5,2mm. Nach der Übernahme von Pentax durch Ricoh hat sich zwar das äußere der Verpackung geändert, das Okular selbst aber heißt weiterhin Pentax und ist, soweit feststellbar, unverändert geblieben. Von den XL-Vorgängern mit fast identischen Brennweiten wurde das angenehme Einblickverhalten mit 20mm Augenabstand geerbt, wozu die fein einstellbare Augenauflage einen wesentlichen Beitrag leistet. Das scheinbare Gesichtsfeld wurde von 65° auf 70° erweitert. Die Verarbeitung ist hervorragend, was nicht nur das Äußere betrifft, sondern auch die Innenschwärzung und die der Linsenkanten mit einem sehr dunklen und sorgfältig aufgetragenen Mattlack. Die 1,25“ Steckhülse ist innen inclusive Filtergewinde geschwärzt und trägt außen eine flache, aber ansonsten simple Sicherungsnut. Die Konstruktion aus 8 Linsen in 5 Gruppen ist auf allen Glas-Luftflächen mit der von Pentax bekannten SMC-Vergütung versehen. Sie wird speziell auf den Glastyp der jeweiligen Linse abgestimmt. Laut Hersteller erreichen die Okulare damit eine Gesamt-Transmission von bis zu 96%. Pentax hat dazu sogar eine Messkurve veröffentlicht. Speziell das XW 5 fällt zwischen 430nm und 700nm niemals unter 90%. Das sind sehr gute Werte für fast alle sichtbaren Farben, mit ganz geringen Abstrichen im violetten Bereich - hier wird einfach das Glas undurchlässig für UV-Licht, was praktisch alle Okulare betrifft.
Die Höhe der Augenauflage ist über ein Feingewinde einstellbar. Schraubt man deren Oberteil ab, wird ein M43x0,75 Außengewinde an der Augenlinse zugänglich, so dass man das Okular auch für fotografische Zwecke, insbesondere die afokale Projektion, nutzen kann. Die große Augenauflage dient gleichzeitig auch anstelle einer Gummiarmierung zum Sicheren Griff nach dem Okular. Die Beschriftung wirkt eher dezent, auf dem Typenschild aus Aluminium findet man aber die Brennweitenangabe gut - nur um sie im dunkeln sicher zu lesen, ist sie zu klein.
Ebenfalls im Lieferumfang: Ein hochwertiges Drehpack mit genau angepassten Blasenkunststoff-Einsätzen, wodurch das Okular gut geschützt transportiert werden kann. Es ersetzt natürlich nicht die ebenfalls vorhandenen Staubschutzkappen. Anders als bei Okularen mit umklappbarer Augenmuschel passt die augenseitige Kappe in jeder Position auf die Augenauflage. Auf einem kleinen Etikett findet sich der Hinweis auf den Ursprung: „Ricoh Imaging Comany. LTD Made in Japan”

Made in Japan
Beide Okulare sind “Japaner”. Viele der jüngeren Tele Vue Okulare wurden und werden in Taiwan gefertigt.
Pentax wurde inzwischen von Ricoh übernommen.

Je nach Einstellung der Augenauflage ist das Okular etwa 140mm lang und hat knapp unter 62mm Durchmesser. Dabei wiegt es dann 420g. Die englische Kurzanleitung passt auf ein Blatt, enthält eine Datentabelle und verrät, dass das Okular witterungsbeständig nach japanischem Industriestandard ist. JIS-4, das bedeutet es ist gegen Wasserspritzer geschützt, also insbesondere gegen Tau und, wie ausdrücklich in der Anleitung erwähnt, gegen Regen. Ein weiterer interessanter Hinweis aus der Anleitung: Auch die Flächen zwischen verkitteten Linsen sollen eine Art Vergütung erhalten haben.
Man hat etwas Mühe, weitere Angaben zusammen zu bringen. Über die Lage der Schärfeebene gibt es keine Information. Der Feldblendendurchmesser von 6,2mm findet sich immerhin in mehreren Produktbeschreibungen, ohne dass man weiß, ob es sich um eine Herstellerangabe handelt. Plausibel ist der Wert zweifellos.

Das XW im Rose Drehpack
Mit dem Drehpack liefert Pentax eine gut praxistaugliche Verpackung.
Das Original von Rose Plastik läuft butterweich.

Das Tele Vue Delite ist deutlich kleiner und leichter. Mit 62° scheinbarem Gesichtsfeld ist es auch nur gerade eben ein Weitwinkel-Okular. Es erschien 2016 mit der ersten Erweiterung der Reihe. Die Sicherungsnut wurde mit einer deutlich abgeschrägten Kante ausgeführt, damit’s im Klemmring nicht länger hakt. Ganz eingeschoben erreicht das Delite mit Kappe 115mm Länge, wovon 7mm auf die vom Edel-Hersteller immer wieder augenseitig verwendete Tele Vue Wendekappe entfallen. Vom Wenden hat man allerdings nichts: die Kappe passt nur mit der kleinen Seite, dafür aber sowohl auf die ein- wie ausgeklappte Augenmuschel. Sie ist mit 54mm Durchmesser der dickste Teil des verschlossenen Okulars, während die Gummiaugenmuschel ca 50mm und der Okulartubus darunter sogar nur 48mm Durchmesser haben. Mit voll ausgefahrener Augenauflage wird das Delite mit Kappe 133mm lang. Das Okular ist also vor allem schlank und mit einem Gewicht von 220g auch leicht. Irgendwie wirkt die Wendekappe noch ungeschickter als sonst, weil das verstaute Okular unnötig dicker und länger wird. Die übliche Gummiarmierung sorgt für guten Griff und die von Tele Vue bekannte grüne Schrift ist gut lesbar, ohne dass die Brennweitenangabe allerdings besonders hervorgehoben wurde - und größer als beim Pentax ist sie auch nicht.
Das Innere der Steckhülse ist nicht so überzeugend geschwärzt wie beim XW. Das Filtergewinde blieb blank und die matte Einfassung des untersten Linsenelements kann mit dem von Pentax verwendeten Mattlack eindeutig nicht mithalten. Zur Vergütung äußert sich Tele Vue traditionell nicht, allerdings sieht man dem Okular eine hochwertige Vergütung an, und es ist erklärte Firmenphilosophie, dass dies für alle im Okular enthaltenen Glas-Luft-Flächen gilt. Ebenfalls traditionell äußert sich Tele Vue seit einiger Zeit nicht mehr zum inneren Aufbau neuer Okulare. Dass es sich um ein Okular mit teleskopseitiger Negativgruppe handelt, ist somit wohl vorerst alles, was man dazu sagen kann. Die Anleitung warnt auch vor der Demontage des Okulars - ob es wirklich nur um Staub oder Feuchtigkeit geht, die dabei ins Okular gelangen könnten? Vor dem erfolgreichen Clonen der Ethos Okulare hat sich Tele Vue mit dieser Informationspolitik aber nicht schützen können.
Was die vom Sternfreund wirklich benötigten Daten angeht, informiert Tele Vue nun wieder vorbildlich. Allerdings muss man dazu auf der englischsprachigen Web-Präsenz vorbei schauen. Die als sehr zuverlässig bekannte Tabelle „Eyepiece Specifications“ enthält seit einiger Zeit auch Okulare, die nicht mehr in Produktion sind. Tele Vue Produkte erfreuen sich einer sehr guten Akzeptanz auf dem Gebrauchtmarkt und es ist ein absoluter Pluspunkt, dass die Marke auch dem Gebrauchtkäufer hilft. Das 5mm DeLite hat, laut dieser Tabelle, einen effektiven Feldblendendendurchmesser von 5,3mm und unter den vollständigen Abmessungen relevant ist vor allem die Angabe, dass die Schärfeebene des Teleskops (für Normalsichtige) 0,25 Zoll (6,35mm) unter der Auflagekante liegen muss.
Bei der Unterstützung eventueller Foto-Ambitionen kommt Tele Vue nicht über einen Smartphone-Adapter hinaus - eine Gewinde-Befestigung gibt es nicht. Eine kleine Überraschung findet der Tele Vue-Kenner in Form einer unscheinbaren Gravur im Metallteil der Augenauflage: Der Herkunftsnachweis lautet „Japan“. Schließlich ist auch bei diesem Okular eine DIN-A4-Seite auf Englisch als Anleitung dabei. Geliefert wird in einer bezogenen Pappschachtel mit einer Wicklung Blasenfolie.

Vewrgütungsfarben auf den augenseitigen Linsen
Beide Okulare sind erkennbar hochwertig vergütet.

Wer nach soviel Okular-Ansichten eher etwas über die Durchsicht erfahren möchte: Für einen ordentlichen Vergleich kamen die beiden Okulare zuerst an einem 18“ f/4,5 Newton mit Explore Scientifics HRCC Komakorrektor zum Einsatz. Damit betrug das Öffnungsverhältnis effektiv etwa f/4,95. Bei einem Vergleich kurz nach Beobachtungsbeginn und an der näheren Umgebung des Trapez war der große Spiegel noch nicht austemperiert und die Sternabbildung brach stark ein. Das XW sah dabei etwas schlechter aus, als das Delite. Einige Zeit später war der Eskimo-Nebel ebenfalls noch kein lohnendes Ziel für etwa 450-fache Vergrößerung. Aber gegen Ende der Beobachtung bot M53 einen überraschend guten Anblick. Der hoch stehende Kugelhaufen ließ sich mit Gewinn gegenüber anderen Brennweiten beobachten und zeigte sich komplett aufgelöst, durchaus mit Ähnlichkeiten zu M13, wie er mit etwa 8 Zoll Öffnung erscheint. Bei nun stimmiger Sternabbildung konnte man beiden Okularen eine sehr gute Randabbildung bescheinigen. Einen unerwartet deutlichen Unterschied gab es aber bezüglich der Transmission - oder zumindest ist es am ehesten der guten Transmission zuzuschreiben, dass im Pentax XW der Haufen brillanter erschien und dadurch bei direktem sehen auch besser aufzulösen war. Die hellen Trapez-Komponenten und die dort ebenfalls sehr hellen Nebelfilamente des Orionnebels hatten ebenso wie der flächenhelle Eskimo-Nebel diesen Unterschied gar nicht auffällig werden lassen. Der deutlich forderndere Kugelhaufen ließ den Unterschied erkennbar werden.
Viel Licht stand im Gegensatz dazu bei einer Mondbeobachtung mit einem Vixen SD115S zur Verfügung. Der 115/890 Dublett-SD-Apo ließ das XW vor allem wegen des deutlich größeren Gesichtsfelds und durch einen ruhigeren Einblick überzeugen. Das DeLite ist etwas anspruchsvoller bzüglich der Augenposition, wobei es durchaus möglich ist, dass dieser Unterschied vor allem ein Verdienst der Augenauflage des Pentax Okulars ist. Beim Delite gibt die Augenmuschel aus angenehm weichen Silkongummi einfach nicht dasselbe Maß an Führung. Mit 178-fach, also 0,65mm AP, war das Gerät durchaus gefordert. Auch an schwierig erkennbaren Details im Krater Copernicus ließ sich dabei kein Unterschied zwischen den beiden Okularen ausmachen.
Jupiter stand zur Opposition im Sommer 2018 schon recht tief. Der bequeme Einblick der beiden Okulare erlaubte es, lange Zeit ohne große Anstrengung auf den Planeten zu schauen, um in den wenigen Momenten mit detailreichem Bild möglichst viel aufnehmen zu können. Am Meade Triplett ED 127/952 waren beide Kontrahenten wieder nah beieinander. Das Pentax XW zeigte bei einem leicht besseren Kontrast bei gleicher Schärfe letztendlich dieselben Strukturen wie das DeLite. Der Planet zeigte zahlreiche Wolkenbänder und einige interessante Details zwischen und in den Haupt-Wolkenbändern.
Am selben Abend kam auch noch ein 130/650 Newton zum Einsatz. Durch das größere Öffnungsverhältnis reichen 5mm Okularbrennweite aber nicht aus, um das maximal Mögliche aus dem Gerät herauszuholen. Außerdem war das Bild schon spürbar zu hell für eine optimale Wahrnehmung. In dieser Situation war zwischen beiden Okularen kein Unterschied feststellbar. Nach einem Schwenk zu M13 allerdings zeigte sich wieder ein hauchdünner Vorteil beim XW, das die aus dem ansonsten eher griesligen Zentrum hervorstechenden Einzelsterne etwas besser wiedergeben konnte. Der Einblick ins DeLite wurde ruhiger, wenn die Augenmuschel etwas abgesenkt wurde, die Augenpositionierung war aber stets kritischer als beim XW.

Verstellbare Augenauflagen
Der Verstellbereich für die Augenauflage und Augenmuschel ist bei beiden Okularen gleich.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die beiden Okulare sehr gut als hochwertige Planetenokulare mit entspanntem Einblick und brillentauglichem Augenabstand funktionieren. Die einstellbaren Augenauflagen leisten dabei sehr gute Dienste. Obwohl das XW nun schon einige Zeit auf dem Markt ist, setzt es immer noch Maßstäbe bezüglich der Transmission. Mit dem keinesfalls schlechten DeLite kommt Tele Vue einfach nicht ganz heran. Das beim XW deutlich größere scheinbare Gesichtsfeld macht das Okular aber auch beinah doppelt so schwer. Hinzu kommt ein deutlich höherer Preis. Beim Pentax XW 5mm sind etwa 370 Euro üblich*, während das DeLite schon für 270 Euro zu haben ist.  Somit ist das XW 5 sicher das Okular der Wahl, wenn es auf Top-Leistung bei dennoch bequemen Augenabstand ankommt, während das DeLite 5mm durch das geringe Gewicht und die kompakten Abmessungen interessant ist für den Einsatz am Reisedobson mit seiner oft kritischen Balance.

*) Preisniveau 7/2018

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