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Das TeleVue Delos 3,5mm

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Man sagt, die Delos-Okularreihe sei von TeleVue als Antwort auf die Pentax XW Okularreihe entworfen worden. Und tatsächlich ähneln sich die Eckdaten sehr. Beide Okularreihen sind für einen komfortablen Augenabstand von 20mm ausgelegt und somit tauglich für Brillenträger. Das scheinbare Gesichtsfeld der Delos ist mit 72° etwas größer, als jenes der XW mit 70°. Beide Okularreihen haben eine individuell einstellbare Augenmuschel bzw. Augenauflage. Über das Optikdesign schweigt sich TeleVue aus - seit dem Erscheinen der Ethos-Okulare hält das Traditionsunternehmen es so mit neuen Okularen. Vor Nachbauten schützt die Geheimhaltung aber ohnehin nicht. Pentax ist da offener und stellt für jede Brennweite ein Diagramm zum Arrangement der Optik zur Verfügung. Interessierte Sternfreunde sind unterdessen findig und - abracadabra  -  für ein 8mm Delos zeigen Röntgenbilder alle Linsen, außer jene in der recht dichten Steckhülse. Das 17,3mm wurde per Laserstrahl vermessen. Demnach handelt es sich um ein 1-2-1-1-2-1-Design, also 8 Linsen in 6 Gruppen, wobei Abweichungen je nach Brennweite nicht ganz ausgeschlossen sind.

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Unpacking-Experience: Das Okular wird in Formteilen aus Blasenkunststoff geschützt -
nett aber im Prinzip steht die Verpackung danach im Schrank,
denn sie ist nichts für feuchte Nachtluft.

Nach offizieller Darstellung hat TeleVue mit den Delos-Okularen die schon einige Jahre alte Radian-Reihe abgelöst, die ebenfalls brillentauglichen Augenabstand bei allerdings 60° scheinbarem Feld boten. Das deutlich teurer gewordene Lanthan-Glas dieser Okulare soll den Anstoß für die Neuentwicklung gegeben haben.

Zumindest Erkenntnisse aus der Entwicklung der Ethos-Okulare sollen in das Delos-Design eingeflossen sein. Die äußere Form ist denn auch ein Okular mit einer großen Augenlinse, das sich dann zur 1,25“ Steckhülse hin verjüngt. Mit kleiner werdender Brennweite werden die Okulare länger aber nicht schlanker. Wie bei TeleVue üblich sind sie sehr gut verarbeitet. Die bekannte grüne Beschriftung ist zusätzlich eingraviert. Die Brennweitenangabe ist allerdings nicht besonders hervorgehoben. Für sicheren Griff sorgt die übliche Gummiarmierung. Sicher notwendig bei einem Gewicht von 503g mit Kappen. Apropos Kappen: Das Delos hat ganz normale Kappen, augenseitig mit TeleVue Schriftzug, und nicht die von mir eher nachteilig empfundene Wendekappe. Das Packmaß beträgt damit 139mm Länge bei knapp unter 58mm Durchmesser. Eine umklappbare Augenmuschel aus weichem Silikongummi sorgt für ein angenehmes Gefühl beim Einblick und schirmt Störlicht ab. Die Höhe der Gummiaugenmuschel ist stufenlos einstellbar. Sie lässt sich auf Filz gleitend um 12,5mm verschieben und wird mit einer Drehung um die untere Gummiarmierung festgeklemmt. Stellt man das System sehr leichtgängig ein, kann man beim Suchen des optimalen Einblicks den Ring durch sanften Druck passend verschieben und dann klemmen. Das Packmaß kann sich damit je nach Einstellung auf maximal 151mm Verlängern. Leider neigt das vorliegende Delos Exemplar dazu, sich trotz festem Anziehen des Klemmrings in dem Moment zu verstellen, wenn man die augenseitige Kappe auf die bereits umgeklappte Augenmuschel drückt.

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Die Augenmuschel des Delos lässt sich nicht nur um 12mm verstellen, sondern durch Drehen an der unteren Gummiarmierung in jeder Position festsetzen.

Die Steckhülse hat eine Sicherungsnut mit abgeschrägter unterer Kante, damit sich Klemmringe nicht verhaken. Im Innern der Steckhülse findet man eine gut mattierte Blende, deren Kegelform für Streulichtabschirmung sorgt und gleichzeitig die teleskopseitige Linse hält. Das Filtergewinde ist nicht geschwärzt, allerdings auch ein gutes Stück von der kleinen Öffnung in der genannten Blende entfernt.

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Typisch für Okulare mit brillentauglichem Augenabstand: Blick auf die große Augenlinse des Delos.

Blickt man durch die mit 35mm Durchmesser schon bemerkenswert große Augenlinse ins Okularinnere, ist kaum etwas zu erkennen, da es dort vorbildlich dunkel ist. Selbst mit der im Bild weiter unten dargestellten Extremsituation - gebündeltes Taschenlampenlicht auf eine matte Schutzkappe über der Steckhülse  - zeigt sich im Innern kaum Helligkeit. Stattdessen dominieren die dunkelgrünen und nur zuweilen leicht rötlichen Reflexe der hochwertigen Mehrschichtvergütung. Die Vergütungsfarben, so ergab der Informationsaustausch im Web, unterliegen bei verschiedenen Delos-Exemplaren jedoch auffälligen Schwankungen, die man zumindest von TeleVue so nicht gewohnt ist. Ob dies einen echten Einfluß auf die optische Performance hat, lässt sich aber kaum feststellen.

Schließlich bleibt noch ein äußerliches Detail für TeleVue-Kenner anzumerken: Als Produktionsort ist „Twainan ROC" ins Gehäuse eingraviert. Bei der Verpackung hat man sich vielleicht etwas an Mitbewerbern orientiert, was man mit einem lachenden und einem weinenden Auge sehen kann. Die stabile Pappschachtel ist nun mit passend geformtem Blasenkunststoff gefüllt, was beispielsweise sehr an Explore Scientific erinnert. Das Okular wird durch einen festen Plastikbeutel vor Staub geschützt. Die simple Blasenfolie in anderen Televue Schachteln mag zwar spartanisch wirken, da aber eine Pappschachtel ohnehin keine einsatztaugliche Aufbewahrungsmöglichkeit darstellt, ist sie letztendlich früher oder später nur mehr Plastikmüll. In der Schachtel findet man den üblichen TeleVue-Aufkleber und  ein ca. DIN A4 großes Anleitungblatt, das vor allem die einstellbare Augenmuschel abhandelt. Als nützliche Information enthält sie aber den effektiven Feldblendendurchmesser (4,4mm). Die Rückseite besteht zur Hälfte aus Werbung für den DioptrX Astigmatismus-Korrektor und zur anderen Hälfte aus der Anleitung dazu. Zwar ist es gut zu wissen, dass der Korrektor auf das Delos passt, aber andererseits wird ein Okular mit 20mm Augenabstand ja oft auch gerade beschafft, um die Brille aufbehalten zu können und keinen solchen Korrektor zu brauchen.

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Eine Blende in der Steckhülse ist Teil der vorbildlichen Streulichtabschirmung des Delos.

Mit 3,5mm Brennweite ist das am stärksten vergrößernde Okular der Delos-Reihe besonders an f/5-Optiken interessant, um ein kontrastreiches Bild nahe an der Maximalvergrößerung zu erhalten. So kam es an einem C8 N zum Einsatz, einem 200/1000 Newton, der damit nominell 285-fache Vergrößerung erzielte. Das Gerät wurde aber mit einem HRCC-Komakorrektor kombiniert, der  die Vergrößerung auf etwa 314-fach steigerte. Noch anspruchsvoller war das mit einem nicht die Brennweite verlängernden GPU Komakorrektor kombinierte R200SS (200/800), wodurch 229-fache Vergrößerung bei f/4 erreicht wurde. Es musste sich dabei drei vergleichbar hochwertigen Okularen stellen, nämlich dem TeleVue 3,5mm Nagler type 6, dem Pentax XW 3,5 und dem Vixen HR 3,4mm.

Bei der Mondbeobachtung mit dem C8N und dem HRCC Korrektor überzeugte das Delos 3,5mm, da es sich deutlich einfacher fokussieren ließ, als das XW 3,5mm. Beim XW konnte man einerseits so fokussieren, dass hinter dem Terminator aus dem Dunkel aufragende Bergspitzen optimal fokussiert waren, oder andererseits so, dass der Kontrast von kleinen, dunklen Strukturen, nämlich Kleinstkratern im flachen Licht auf der hellen Seite des Terminators maximal war. Letztere Einstellung lieferte das stimmigere Gesamtbild und das XW konnte nach wirklich langwierigem Fokussieren hier um einen Hauch besser abschneiden, als das Delos. Das Delos lieferte aber einmal fokussiert ein stimmiges Gesamtbild und war so schnell sauber im Fokus, dass allein die Ermüdung des Beobachters durch das anstregende Fokussieren einen Vorteil des XW eher egalisierte. Das HR 3,4mm war dann wiederum ein klein wenig besser als beide 3,5mm, was gegebenenfalls auch schon ein Effekt der minimal kleineren Brennweite gewesen sein kann. Neun Tage später, derweil nach Vollmond, fiel der Unterschied zwischen allen drei Okularen eher unmerklich gering aus, allerdings brauchte das XW weiterhin eine anstrengend sorgfältige Fokussierung.

Einige Zeit später kamen die Okulare bei der Beobachtung von NGC 2022, nach der Position im Sternbild Orion auch Schlüsselbein-Nebel (Collarbone N.) genannt, zum Einsatz. Bei indirektem Sehen ist mit dem Delos 3,5mm eine schwache Ringstruktur erkennbar. Je direkter man aber auf den Nebel schaut, desto mehr überwiegt der Eindruck einer zum Zentrum hin zunehmenden Helligkeit. Im XW 3,5 überwiegt mehr der Eindruck der Ringstruktur und auch im HR 3,4mm ist das der Fall, allerdings in letzterem erst, nachdem ein Stern zum Fokussieren ins Bild gefahren worden war.

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Das sieht finster aus: Gut so, die innere Verblendung des Delos funtkioniert hervorragend,
 obwohl hier eine helle Taschenlampe auf die transparente untere Staubkappe strahlt.

Bei der Beobachtung mit dem R200SS zeigte sich schnell, dass das XW 3,5mm hier an der Grenze seiner Möglichkeiten angelangt war. Das Okular erwies sich als extrem Empfindlich gegenüber schon kleiner Verkippung. Die entstand, da das R200SS in Kombination mir dem GPU Korrektor einen sehr knappen Backfokus hatte. Die Reduktion von 2“ auf 1,25“ Einsteckdurchmesser musste deshalb mit einen extrem flachen Adapter erfolgen, der anstelle einer Klemmschraube das Okular mit federnden Klemmbacken hielt, die von der 2“ Aufnahme zusammengedrückt wurden. In diesem Adapter konnte sich das Okular durch sein eigenes Gewicht leicht schräg setzen. Die Folge waren stark aufgeblähte Sternabbildungen. Erst bei einer zweiten Beobachtung ließ sich dies durch leichtes Stützen und die Bedienung der Klemmschrauben in der richtigen Reihenfolge verhindern. Das Delos hatte damit überhaupt keine Probleme und zeigte gute Sternabbildungen, während das XW 3,5mm immer nur annähernd an dessen Abbildungsqualität herankam. Das zeigte sich daran, dass bei praktisch gleich großen Sternabbildungen dem Delos die Auflösung des für 8-Zöller schwierigen Kugelsternhaufen M15 dennoch besser gelang, als dem XW.

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Die Konkurrenz beim Beobachtungseinsatz bestand keineswegs aus Leichtgewichten -
das soll sich aber auf die Leistung und nicht das tatsächliche Gewicht beziehen.

Der Wettbewerb zwischen Delos und XW sollte aber im Spätsommer 2020 in eine weitere Runde gehen. Die für Beobachter auf der Nordhalbkugel günstige Marsopposition stellte neue Anforderungen. Wieder am C8 N, dem diesmal ohne Komakorrektor eingesetzten 200/1000 Newton, stellte sich die Situation wieder anders dar. Mars war grundsätzlich etwas schwieriger zu fokussieren, so dass der zuvor geschilderte Vorteil des Delos nicht bemerkbar war. Stattdessen konnte nun das XW einen Vorteil ausspielen, der normalerweise keiner ist. Mars stand zwar bereits über 40° hoch, zeigte aber dennoch im Achtzöller auflösbare Farbränder durch atmosphärische Dispersion. Die konnte im XW durch laterale Farbe ausgeglichen werden, indem Mars ein Stück weit aus der Mitte, in diesem Fall nach unten versetzt wurde. Auch beim Delos ließ sich dieser Okular-ADC-Trick anwenden, Mars musste aber etwas weiter und nach oben versetzt werden. Die Beobachtung fand ohne Umgebungslicht statt und so war Mars blendend hell. Zur Dämpfung kam einerseits ein 2x Graufilter zum Einsatz, und andererseits ein Orion Mars Filter. Grundsätzlich zeigten beide Okulare dieselben Oberflächenstrukturen, die sich mit dem Mars-Filter zwar am deutlichsten zeigten, aber auch mit einem 4x Grau zur Dämpfung ähnlich ausgeschaut hätten. Das XW konnte nun bei mehreren Wechseln immer etwas mehr Kontrast in die dunklen Strukturen bringen. Um etwas mehr Klarheit zu haben, kam auch das HR 3,4mm hinzu. Hier griff der Okular-ADC-Trick erst nah am oberen Rand des allerdings auch nur 45° großen Gesichtsfelds. Das HR lag bezüglich des Kontrasts genau zwischen XW und Delos, zeigte aber alles - entsprechend der nominell kleineren Brennweite - mit etwas mehr Vergrößerung, ohne dass dies neue Details hervorgelockt hätte. Das Seeing war für 286-fache Vergrößerung allerdings auch grenzwertig.

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Eine Blende zur Streulichtabschirmung ist einfach Teil einer guten Verarbeitung.

Das Delos 3,5mm hinterlässt einen wirklich hervorragenden Eindruck. Besonders hervorzuheben ist die unkomplizierte Eignung auch für ganz schnelle Optiken, wie am R200SS gesehen. Hier kann es sich deutlich vom harten Konkurrenten, dem Pentax XW 3,5mm absetzen. Wie so oft im High-End-Bereich geht es jedoch um Nuancen. Das Pentax XW hatte spätestens ab f/5 und kleineren Öffnungsverhältnissen beim Kontrast die Nase vorn, allerdings bei zwischen f/4 und f/5 für den Preis einer Fokussierung, die so sorgfältig sein musste, dass es anstrengte. Das Delos 3,5mm zeigt auch eine bessere Feldkorrektur als das XW 3,5 mit weniger lateraler Farbe und insbesondere bei f/4 auch besserer Auflösung bei Sternhaufen. Das macht es auf jeden Fall zu einem guten Griff, wenn vornehmlich Deepsky-Beobachtung mit großen Öffnungsverhältnissen ansteht. Bei der Planetenbeobachtung ist es nicht automatisch zweiter Sieger. Das große korrigierte Feld wird sich bei höheren Planetenständen als im Jahr 2020 nämlich positiv auswirken, wenn der Planet am nicht nachgeführten Dobson durch das Feld laufen muss. Hier ist wegen der geringeren lateralen Farbe die Abbildung über einen weiteren Bereich des Felds gleichmäßiger als im Pentax XW 3,5mm, so dass man mit dem Delos 3,5mm eine längere Konzentrationsphase zur Verfügung hat. Schaut man auf den Preis, so kostet das Pentax XW 3,5mm derzeit ca. 370 Euro und das TeleVue Delos 3,5mm etwa 420 Euro*.

*) Preisniveau 10/2020

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