Far Out - meine Astronomie-Homepage

Hinweise zum Datenschutz

*
Was ist eine Vergütung?

Beim Kauf von Okularen und Linsenteleskopen gehört der Begriff Vergütung oder englisch coating zu den meisten Produktbeschreibungen. Gemeint ist damit eine Beschichtung von Linsen, die man an den verschiedenfarbigen Reflexen erkennt. Jeder kennt heutzutage den blauen Schimmer auf den Linsen von Feldstechern oder auch auf Brillengläsern.
Die Vergütung wird aufgebracht, um mehr Licht durch die Linse hindurchgehen zu lassen und weniger Licht an der Oberfläche als Reflex zu spiegeln. Die Farbe der Reflexe verrät auch gleich etwas über die Art der Vergütung. Schwächere Reflexe bedeuten weniger Störung des Bildes. Die ursprünglich von Zeiss eingeführte “Blauschicht” wird heute meist als “einfache Vergütung” bezeichnet. Besonders auf preisgünstigen Optiken findet man diese bläulich reflektierende Beschichtung. Moderne, hochwertige Vergütungen sind sogenannte “Multicoatings”. Ein Multicoating kann in den verschiedensten Farben schimmern und wird manchmal sogar auf das Glasmaterial der Linse abgestimmt.

Eine Vergütung wird so ähnlich aufgebracht wie eine Verspiegelung. Die Linse kommt dazu in die Vakuumkammer einer Bedampfungsmaschine. Im Vakuum wird dann Dampf des Vergütungsmaterials eingesprüht, der sich sofort als feine und hoffentlich gleichmässige Schicht (das ist die Kunst) auf der Linse und eigentlich überall in der Kammer absetzt. Die klassische Blauvergütung besteht übrigens aus MgF, also Magnesiumflourid. Ist die Beschichtung erstmal auf der Linse, haftet sie von selbst. Allerdings kann man daher nur solche Materialien nehmen, die von allein am Glas haften bleiben, sich sozusagen mineralisch verbinden.Eine Multivergütung besteht aus mehreren verschiedenen Schichten. Ist eine Vergütungsschicht weich, so packt man noch eine Härter-Schicht darüber, zum Beispiel reines Quarz.

Die Vergütung wirkt recht trickreich. Und zwar ist sie so dünn gemacht, daß ihre Dicke zur Wellenlänge des Lichtes passt. An der Grenze von der Vergütung zum Glas gibt es nämlich eine Reflektion, genauso wie an der Oberfläche der Vergütung. Und die Vergütung ist gerade so dick, daß ein reflektierter Wellenberg von der Grenze zum Glas immer mit einem reflektierten Wellental von der Vergütungsoberfläche zusammenfällt (destruktive Interferenz). Dadurch würde eigentlich nur die Reflektion "ausgelöscht", weil sich die beiden Reflektionen gegenseitig aufheben, oder zumindest fast, weil sie nicht gleich stark sind.
Es stellt sich aber nun der interessante Effekt ein, daß nicht einfach die Reflektion ausgelöscht wird, sondern daß das "ausgelöschte Licht" nun auf einmal durch die Linse durchgeht. Der Effekt ist phsyikalisch schwer zu erklären. Eine Vergütung macht also das Glas durchlässiger für Licht.

LVW 3,5 und Pentax XW 3,5
Bunt schimmernde Multivergütungen auf einem LVW 3,5mm und einem Pentax XW 3,5mm

Überlegt man sich den Aufbau der Vergütung so bemerkt man, daß die Vergütung für die Lichtwellenlänge passend dick sein muß. Aber das sichtbare Licht hat Wellenlängen von 400nm bis 700nm, das ist fast eine verdoppelung. Deshalb kann eine einzelne Vergütungsschicht nur für genau eine Farbe richtig gut sein, während sie in allen anderen Farben langsam an Nutzen verliert. Daher der violettblaue Schimmer der einfachen Zeiss-Blauschicht. Es steckt viel Blau drin und etwas rot, was die Vergütung nicht so gut durchlässt wie das Grün, für das die Dicke berechnet ist. Hier kommt nun die Multivergütung ins Spiel. Bei der Multivergütung werden viele verschiedene Schichten aufgebracht, so daß sich für viele Wellenlängen(=Farben) eine optimale Wellenüberlagerung ergibt. Dadurch wird dann die Linse noch viel besser durchlässig.
Die Wirkung einer Vergütung ist erstaunlich. Unvergütetes Glas hat etwa 7 bis 8 Prozent Reflektion. Mit Blauschicht geht die Reflektion auf 2% bis 3% zurück. Eine Multivergütung schafft je nach Anzahl Schichten und Qualität sogar 0,2%.
Viele Vergütungen schimmern in einer anderen Farbe, je nachdem aus welcher Richtung man auf die Linse schaut. Der Farbwechsel entsteht, weil ja das Licht einen weiteren Weg zurücklegt, wenn es schräg durch die Schicht geht, die Vergütung scheint dann für den Lichtstrahl dicker und die Eigenschaften ändern sich.

Heutzutage werden fast alle astronomischen Linsenoptiken vergütet. Es lohnt aber besonders bei Okularen die Vergütungstechnik zu hinterfragen. Eine Vergütung sollte auf jeder Glas-/Luftfläche aufgebracht sein. Am besten natürlich eine Multivergütung. Dafür steht der Begriff Fully Multicoated (FMC). Miteinander verkittete Linsen brauchen also keine Vergütung auf den miteinander verklebten Flächen, an denen auch nur sehr schwache Reflexe entstehen. Manche Okulare tragen auch nur ein MC für Multicoating. Während bei manchen “MC”-Okularen trotzdem alle Glas-/Luftflächen eine Multivergütung tragen, gibt es auch einige Produkte, bei denen innen liegende Flächen nur eine einfache Blauvergütung tragen oder sogar unvergütet sind. “Fully Coated” weist jedenfalls darauf hin, daß alle Glas-/Luftflächen wenigstens eine einfache Vergütung tragen.


Unterschiedliche Multicoatings bei zwei ansonsten baugleichen Okularen aus “Fernost”

Die Wirkung und damit die Qualität einer Vergütung ist durch blosses Ansehen eigentlich kaum einzuschätzen. Es gibt aber ein paar Erfahrungswerte. Die MgF-Blauschicht ist sehr leicht zu erkennen. Für “normale” Glasarten ist auch die satt grün schimmernde “Breitband Multivergütung” recht bekannt. Als besonders gut bekannt ist auch die SMC-Vergütung der Firma Pentax.
Je mehr Linsen im System zum Einsatz kommen, desto wichtiger wird die Vergütung. Die Qualität der Multivergütung ist daher besonders bei den viellinsigen Weitwinkelokularen relevant und sie macht einen bemerkbaren Unterschied zwischen High-End-Okularen und eher günstigen Produkten aus.

unterschiedliche Vergütungen
Obwohl alle Okulare Multicoatings tragen, fallen beim Exemplar unten links besonders helle Reflexe auf.
Eine objektive Bewertung ist dieser “Reflexvergleich” aber nicht.

Die Firma Meade prägte vor wenigen Jahren besonders den Massenmarkt und wirbt bis heute mit der sogenannten UHTC-Vergütung. Celestron zog seinerzeit mit der XLT Vergütung nach. Beiden gemeinsam ist, daß hier der Begriff Vergütung im Zuge des Marketings mißverständlich gebraucht wird. Bei UHTC wie auch XLT Teleskopen kommt zum einen eine sehr gute Multivergütung zum Einsatz, gleichzeitig aber wird für die Spiegelteleskope auch eine besonders gute Verspiegelung benutzt. In Bezug auf eine Verspiegelung ist es natürlich mißverständlich, wenn die Werbetexte beider Firmen auch für Spiegelbeschichtungen den Begriff “Vergütung” verwenden. Die Verspiegelung soll natürlich möglichst viel Licht spiegeln, die Vergütung möglichst wenig.

Mehr zum Marketing mit Vergütungen im Artikel Vergütungsforschung.

Zurück zur Einsteiger-Ecke

* Erste, kleine Überarbeitung zum 24.9.2017