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Weitwinkelokulare und Gesichtsfelder

Häufig ist es für den Einsteiger schwer vorstellbar, welchen Vorteil dem Beobachter ein Weitwinkelokular bietet, und wie wahres und scheinbares Gesichtsfeld zusammenhängen. Interessant ist diese Frage in erster Linie für den Deepsky-Beobachter, aber auch der Planetenfreund sollte sich das ganze anschauen, besonders wenn die Anschaffung eines Dobsons bevorsteht.

Weitwinkelokulare werden im allgemeinen nach dem scheinbaren Gesichtsfeld klassifiziert. Das scheinbare Gesichtsfeld bezeichnet die größe des Bildkreises, in dem das Okular den Himmel zeigt. Die Bildfeldbegrenzung findet durch die sogenannte Feldblende statt. Das ist eine Blende die im Okular, manchmal zwischen den Linsen, manchmal aber auch unter der ersten Linse vom Teleskop aus gesehen sitzt. Beim Blick ins Okular sieht man den Himmel als Kreisausschnitt, der etwas heller ist, als der schwarze Rand um das Bild. Dieser schwarze Rand ist die Feldblende.
Wie groß nun der Bildkreis, also das scheinbare Gesichtsfeld, im Okular erscheint, hängt nicht allein vom Durchmesser der Feldblende ab, sondern auch von der Okularbrennweite. Die Okularbrennweite bestimmt einfach, wie stark der Kreisausschnitt der Feldblende vergrösstert wird. Am Ende des Artikels führe ich für Interessierte ein paar Formeln dazu an.

Die Änderung der Okularbrennweite, bei gleichem Feldblendendurchmesser, bewirkt eine Änderung des scheinbaren Gesichtsfeldes. Ein 5mm Okular zeigt dieselbe Feldblende als doppelt so großen Kreis wie ein 10mm Okular. Der sichtbare Bildausschnitt bleibt dabei gleich. Das 5mm Okular vergrössert also einfach doppelt so stark wie das 10mm Okular. Es ändert sich das scheinbare Gesichtsfeld und das wahre Gesichtsfeld bleibt gleich. Mehr scheinbares Gesichtsfeld bei gleichem wahren Gesichtsfeld bedeutet mehr Vergrößerung.

Ändert man die größe der Feldblende bei gleicher Okularbrennweite, so ändert man das wahre Gesichtsfeld. Die Vergrößerung bleibt gleich. (Sie hängt ja nur von Okularbrennweite und Teleskopbrennweite ab.) Ein Okular mit 24mm Feldblendendurchmesser zeigt ein doppelt so großes wahres Bildfeld wie ein Okular mit 12mm Feldblendendurchmesser. Bei gleicher Okularbrennweite verdoppelt sich dann auch das scheinbare Gesichtsfeld.

Das bedeutet: Alle Okulare mit gleich großer Feldblende zeigen stets denselben wahren Himmelsausschnitt (immer verglichen am selben Teleskop). Okulare mit gleicher Brennweite zeigen stets dieselbe Vergrößerung.

Wann darf sich ein Okular nun Weitwinkel-Okular nennen?
Eine feste Definition für diesen Begriff gibt es nicht. Im allgemeinen bezeichnet man Okulare ab etwa 50° bis 60° scheinbarem Gesichtsfeld als Weitwinkel. Ab 65° wird meist von Superweitwinkel und ab 75° von Ultraweitwinkel gesprochen.

Was bietet ein Weitwinkel-Okular?

Die Vorteile eines Weitwinkel-Okulars lassen sich auf zwei Punkte reduzieren:

1. Ein größerer wahrer Himmelsausschnitt.
Der Beobachter hat einen besseren Überblick, was einerseits das suchen von Himmelsobjekten erleichtert, andererseits auch für einen interessanteren Eindruck sorgt. Man erkennt die Objekte eingebettet in ihre Umgebung am Himmel, von der sie sich dann auch stärker abheben. Der Dobson-Besitzer, der sein Teleskop von Hand nachführt, verliert das Objekt nicht so leicht und hat mehr Zeit, ehe das Objekt zum Bildrand gewandert ist.
2. Ein schöneres Seh-Erlebnis
Besonders Ultraweitwinkel bieten ein so großes Gesichtsfeld, daß der Rand kaum noch wahrgenommen wird. Man erhält den Eindruck eines Panoramafensters in den Weltraum. Die Vorstellung selbst im Weltraum zu schweben mag kitschig klingen, wird aber von vielen Sternfreunden so beschrieben. Ausserdem ist es spannend, ausgedehnte Objekte auch bei stärkerer Vergrößerung noch voll überblicken zu können und deren kompletten Detailreichtum vor sich zu sehen.

Viele Weitwinkelokulare, aber nicht alle, bieten darüber hinaus noch Vorteile wie ein angenehmes Einblickverhalten mit gutem Augenabstand und eine gute Korrektur auch für Teleskope mit großem Öffnungsverhältnis (also kleiner Blendenzahl, z.B. f/6 oder f/4).

Aber auch die Nachteile eines Weitwinkelokulares müssen erwähnt werden. An erster Stelle steht hier sicher der deutlich höhere Preis. Darüber hinaus aber muß die Korrektur des Okulares für ein viel größeres Bildfeld ausreichen, was nicht immer gelingt und auch je nach Teleskop zu unterschiedlichen Eigenschaften führt. Passt die Kombination aus Teleskop und Okular nicht gut zusammen, so wird das Bild zum Rand hin immer unschärfer, und zwar besonders wieder bei den großen Öffnungsverhältnissen, wie oben schon erwähnt. Um die Randkorrektur zu verbessern nimmt der Optikmeister bei der Okularrechnung manchmal auch ein leichtes Nachlassen der Schärfe in der Bildmitte in Kauf. Insgesamt führen die höheren Anforderungen zu einer größeren Linsenzahl. Während Okulare mit kleineren scheinbaren Gesichtsfeldern eher mit drei bis fünf Linsen arbeiten, kommen bei Weitwinkelokularen durchaus neun Linsen vor. Da jede noch so perfekte Linse aber noch immer winzige Fehler hat, die das Bild verschlechtern können, ist es sehr schwierig, ein Weitwinkelokular mit derselben Abbildungsleistung wie ein hochwertiges Okular mit weniger Linsen herzustellen. Die Unterschiede sind üblicherweise gering, aber für erfahrene Beobachter bemerkbar.

Am besten lässt sich die Wirkung eines Weitwinkelokulares im Bild zeigen. Die folgenden Bilder zeigen den Anblick des offenen Sternhaufens M36 so wie er bei ca. 35-facher Vergrößerung wirkt. Dies entspricht in etwa dem Anblick in einem 200/1200mm Teleskopes mit einem Okular um 35mm. Je nach Größe des Bildschirmes ist der Eindruck unterschiedlich. An einem Monitor mit 15 Zoll Diagonale und 1025x768 Auflösung erhält man aus 20cm Abstand den richtigen Eindruck. (Das ist natürlich am Monitor überhaupt nicht angenehm, es soll nur um den Eindruck der Bildgröße gehen.)

Bildfeld eines Huygens, Monocentric, Ramsden oder Ortho-Okulars mit 30° scheinbarem Gesichtsfeld (oben)

Bildfeld eines Kellner oder Plössl-Okulares mit 50° scheinbarem Gesichtsfeld (oben)


Bildfeld eines Superweitwinkel mit 67° scheinbarem Gesichtsfeld (oben)


Randunschärfe lässt die Sternabbildung zum Rand hin schlechter werden. Der Effekt tritt aber nicht nur bei Weitwinkel-Okularen auf.

 

Die Abbildungen geben einen guten Vergleich über den Seheindruck. Zu bemerken ist, daß sich im großen Gesichtsfeld des Superweitwinkels der offene Sternhaufen gut vom Hintergrund abgrenzen lässt, während sich im kleinen Gesichtsfeld eines Orthos hauptsächlich eine konzentration der Sterne zum Zentrum bemerken lässt. Der kleine Nachbarsternhaufen wird hier vom Bildrand abgeschnitten und fällt kaum ins Auge, während er schon beim mittleren Gesichtsfeld wesentlich zum Gesamteindruck des Bildes beiträgt.
Weitwinkelokulare bieten also ein interessanteres Seherlebnis. Der Planetenbeobachter allerdings kann daraus kaum Nutzen ziehen, da selbst bei sehr hoher Vergrößerung ein Planet wie Jupiter noch mitsamt seiner Monde in das Gesichtsfeld des Okulares passt, so daß der Gesamteindruck nicht verloren geht. Die Mondbeobachtung wiederum kann vom Weitwinkelokular profitieren, wenn es um den Gesamteindruck der Mondlandschaft und nicht um kleine, spezielle Details geht.

Schließlich noch die versprochenen Formeln:

Einfache Faustformeln:
Diese zwei Formeln eignen sich zum groben Rechnen, wenn es z.B. nur darum gehen soll, wahre Gesichtsfelder am Himmel oder in der Sternkarte abzuschätzen.

wahres Gesichtfeld = scheinbares Gesichtsfeld / Vergrößerung

scheinbares Gesichtsfeld = wahres Gesichtsfeld * Vergrößerung

Genaue Formeln:
Diese Formeln sind genau. Weicht das beobachtete scheinbare Gesichtsfeld davon ab, so weist dies darauf hin, daß das Okular zum Gesichtsfeldrand verzerrt, zum Beispiel durch einen Kisseneffekt.

wahres Gesichtsfeld = 2*Arctan(Feldblende/(2*Teleskopbrennweite))

scheinbares Gesichtsfeld = 2*Arctan(Feldblende/(2*Okularbrennweite))

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