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Systembedingte Einschätzung eines 150/750 Newtons

Wie bei der Betrachtung des kurzbrennweitigen Achromaten, soll es hier um Systembedingte Probleme und nicht um schlechte Verarbeitung, etc. gehen. Man kommt aber bei der Betrachtung eines Newtons nicht umhin, typische Eigenschaften von "Seriengeräten" um nicht zu sagen "Massenprodukten" aufzugreifen.

Betrachten wir also zunächst mal das optische System des Newtons. Ein Newton benutzt nur ein einziges optisches Element zur Bilderzeugung, und zwar den Hauptspiegel. Der plangeschliffene Fangspiegel ist nur ein "Umlenk-Element", um die Bildebene "zugänglich zu machen".

Der Hauptspiegel ist beim Newton parabolisch geschliffen, das heisst er wird an den Rändern leicht "flacher" als ein Kugelspiegel. Allerdings wird bei einigen Newtons mit kleinerer Öffnung und längerer Brennweite auch auf Kugelspiegel zurückgegriffen, wenn die Abweichung zwischen Kugel und Paraboloid am Spiegelrand ausreichend klein ist. Typisches Beispiel ist der 114/900 Newton, der hier aber nicht Thema sein soll.
Der 150/750 benötigt mit seinem großen Öffnungsverhältnis von f/5 einen Parabolspiegel. Der Parabolspiegel hat auf der optischen Achse eine perfekte, fehlerfreie Abbildung. Zum Rand des Gesichtsfeldes hin stört zunehmend Koma das Bild. Der Fangspiegel führt eine Obstruktion ins System ein, beim 150/750 etwa 50mm also linear 33%. Die Obstruktion bewirkt nun eine Veränderung der Kontrastübertragung - es wäre falsch pauschal von einer Kontrastminderung zu sprechen. Vielmehr ist es so, daß der Kontrast zwischen feinen Details eher verstärkt wird, während der Kontrast zwischen mittleren Details nachlässt und sich hin zu den groben Details nur etwas "erholt". Wichtig ist hier die Feststellung, daß der Newton also besonders bei feinen Details nahe der Auflösungsgrenze keinen Nachteil durch die Obstruktion erleidet.
Zu Bemerken sind noch die Fangspiegelstreben, die je nach Modell unterschiedlich kräftige "Beugungsstrahlen" hervorrufen. Auch sie wirken zu einem gewissen Teil kontrastmindernd.
Damit ist im Prinzip die "Systembeschreibung" eines Newtons abgeschlossen. Während wir beim Refraktor auf eine Diskussion der Herstellungs- und Justagefehler verzichtet haben, sollte man beim Newton wenigstens anmerken, daß eine sorgfältige Justage wichtig ist, besonders je größer das Öffnungsverhältnis wird (Erklärung "größer": f/5 ist größer als f/10). Die Justage ist wegen der zum Rand hin zunehmenden Koma wichtig.

Nun möchte ich noch wie angekündigt auf "Newton-Probleme" eingehen, die nicht "Systembedingt", also abstellbar sind.
Der Newton ist als Teleskop mit offenem Tubus quasi direkt der Lufttemperatur ausgesetzt und passt sich sehr schnell der Umgebungstemperatur an - allerdings entwickelt diese schnelle Temperaturanpassung heftiges Tubusseeing, das es zu bekämpfen gilt. Eine Tubusbelüftung ist eine gute Maßnahme dagegen. Eine weitere Maßnahme, die auch jedem anderen Teleskop gut zu Gesicht steht, ist eine Tubus-Isolierung.
Typisch für massenproduzierte Newtons ist der zu enge und zu kurze Tubus. Dies verursacht Streulichtprobleme. Nur wenige Newtonmodelle findet man mit Tubusblenden und einer Streulicht-/Taukappe ausgestattet. Stattdessen hilft dem Newtonfreund eine Velours-Auskleidung des Tubus, die quasi wie eine Unzahl "Microblenden" Streulicht verschluckt. Eine selbstgebaute Taukappe als Streulichtblende ist auch zu empfehlen.

Nach diesem Exkurs in typische Newtonprobleme (ich habe einige Probleme ausgelassen, die nämlich auch jedes andere Teleskop betreffen können, zum Beispiel Verspannung der Optik, etc.), können wir für die folgenden Betrachtungen von einem voll leistungsfähigen Newton ausgehen (wie wir zuvor von einem voll leistungsfähigen Achromaten kurzer Bauweise ausgegangen sind.) Das beinhaltet auch ein Okular, welches mit dem stumpfen Strahlenkegel des f/5 Newtons zurecht kommt (das muß für einen f/5 Achromaten aber genauso kritisch beachtet werden).

Beginnen wir wieder bei der Jupiterbeobachtung. Jupiters Pastelltöne sind auch für den Newton keine leichte Aufgabe. Durch die Obstruktion des Newtons werden die Pastelltöne der mittleren und groben Strukturen etwas flauer abgebildet, während aber gerade die Feinstrukturen nahe der Auflösungsgrenze betont werden. Beim 150/750 mit seiner 33% großen Obstruktion ist deren Effekt schon spürbar. Mondschatten werden z.B. etwas flauer abgebildet, mittelgroße Details sind weniger stark abgehoben, das heisst die Bänder treten nicht so stark hervor. Den Eigenschaften eines obstruierten Newtons entsprechend aber bemerkt man praktisch keinen Verlust an feinen Details (es sei denn, man hat Probleme mit sehr dicken Fangspiegelstreben).
Das Gerät ist sicher kein Jupiter-Spezialist, aber die Leistung ist in Ordnung.

Bei der Mondbeobachtung kann der Newton besonders die harten Kontraste am Mondterminator gut darstellen. Die erwähnten feinen Mondkräterchen werden durch die Kontrastverstärkung nahe der Auflösungsgrenze ebenfalls knackig rübergebracht, während aber etwas größere Krater flauer werden. Ebenso ist bei den schwachen Farbnuancen z.B. an Verwerfungen wieder ein leichter Kontrastverlust zu bemerken.
Auch hier kommt man zu dem Schluß, im 150/750 keinen Mondspezialisten aber ein Gerät mit guter Leistung zu finden.

Sonnenbeobachtung mit einem Newton ist ebenfalls sehr gut möglich, wenn man beachtet, daß der Tubus hinter dem Objektivsonnenfilter streulichtdicht abgeschlossen werden muß. Man erhält ein neutral-weisses Sonnenbild (abhängig vom Sonnenfilter) mit ordentlich schwarzen Sonnenflecken. Natürlich gilt auch hier, daß der Kontrast bei mittleren und größeren Sonnenflecken etwas schwächer ist, als bei einer unobstruierten Optik.
Auch H-Alpha-Beobachtung ist möglich und wird von einigen Sternfreunden erfolgreich durchgeführt. Im Prinzip gelten hier die gleichen Eigenschaften wie bei der Weisslicht-Beobachtung. Da aber Filamente und Protuberanzen schwächere Kontraste haben als Sonnenflecken, fällt die Obstruktion hier wieder etwas stärker ins Gewicht. (Die Obstruktion darf aber nicht überbewertet werden.)
Auch hier wieder gute Eignung, aber kein Spezialist.

Die Saturnbeobachtung erfährt durch die Obstruktion bei der Erkennbarkeit des C-Ringes Nachteile. Hier wird die Erkennbarkeit des C Ringes etwas herabgesetzt. Kritischer aber als beim C-Ring wirkt die Obstruktion auf die Erkennbarkeit des Encke-Minimums, das ja gerade so groß ist, daß es vom obstruktionsbedingten Kontrastverlust stark betroffen ist. Das Encke-Minimum erscheint also deutlich flauer, als in einem unobstruierten Gerät und wird so schwer beobachtbar. Bei der Bauchbinde wiederum ist der Kontrastverlust eher unwesentlich.

Mars wird vom Newton ähnlich unproblematisch abgebildet, wie das beim Refraktor der Fall war. Hier kann aber der Atmosphärenschimmer problemlos beobachtet werden, da der Newton eher auf die Dämpfwirkung von Orange- oder Rotfiltern reagiert. (Der Rotfilter ist auch eher ein Filter gegen Seeing.) Unter optimalen Bedingungen kann eine höhere Vergrößerung genauso gut die gewünschte Wirkung erzielen. Der Kontrastverlust durch Streben und Obstruktion wirkt sich natürlich wieder leicht aus, wodurch die auf Mars häufig vorkommenden Strukturen mittlerer Größe gedämpft werden.
Also auch hier ein brauchbares Gerät, aber kein Spezialist.

Venus und Merkur werden vom Newton schön und ohne zusätzlichen Farbfehler abgebildet. Hier ist die Erdatmosphäre der eigentliche Störfaktor. Selbst die 33% große Obstruktion stört nicht bei der Erkennbarkeit der "Venushörner" bei entsprechenden Bedingungen.

Uranus und Neptun sind wegen ihres kleinen Winkeldurchmessers eine Herausforderung für das verwendete Okular, aber ansonsten problemlos zu beobachten.

Nun also zur Deepsky-Beobachtung.
Hier zeigt der Newton an sehr hellen Sternen (Plejaden) Beugungsstrahlen durch die Fangspiegelhalterung. Bei den feineren Sternen zum Beispiel in den schwächeren offenen Sternhaufen fallen diese aber nicht mehr auf. Sternfarben sind sehr gut zu erkennen und auch das Zentrum von Kugelsternhaufen wird der Öffnung entsprechend aufgelöst. Die Obstruktion aber lässt einzelsterne im Zentrum des Haufens etwas weniger "hervorstechen", das heisst der Haufen verliert etwas an Brillianz gegenüber einem wenig obstruierten Teleskop.
Bei der Beobachtung schwacher Nebel kommt nun zum ersten Mal die Transmission des Gerätes ins Gespräch. Spiegelflächen haben im Amateurbereich einen Wirkunsgrad zwischen simplen 85% und teuren 95%. Für den recht kleinen Fangspiegel sind auch 99% machbar. Den Fangspiegel möchte ich aber ausser Acht lassen, denn beim Refraktor wurde genausowenig über den Zenitspiegel diskutiert. Somit bleibt der Hauptspiegel, der je nach Modell zwischen 3 und 12 Prozent weniger Licht in den Fokus bringt, als eine Refraktoroptik (für die man 3% Verlust gut annehmen darf).
Bei schwache Nebeln und einem "billigen" Spiegel bedeutet das einen mit mehr als 10% durchaus wahrnehmbaren Helligkeitsverlust. Dagegen ist der Helligkeitsverlust durch die Obstruktion eher gering. Ich erspare mir hier die Flächen-Rechnung und gebe nur an, daß ein 150/750 Newton mit 33% Obstruktion soviel Licht sammelt wie eine perfekte Optik mit 141mm Durchmessern, das entspricht 6% Verlust. Trotzdem erfährt so auch ein teuerer 95% Spiegel 11% "Gesamtverlust".

Dieser Lichtverlust muß aber für die Beobachtung schwacher Nebel im richtigen Verhältnis gesehen werden. Denn das Auge ist wesentlich empfindlicher für Helligkeitsunterschiede, als für eigentliche Helligkeitswerte. Da der Helligkeitsverlust den Himmelshintergrund gleichermaßen wie den schwachen Nebel betrifft, lässt die Erkennbarkeit des Nebels nicht so stark nach, wie zunächst anzunehmen wäre. Echt problematisch wird dies nur für solche Nebel, die selbst vor absolut schwarzem Himmelshintergrund an der Schwelle der Wahrnehmung liegen. Diese werden dann wirklich schlechter beobachtbar. Betroffen sind also schwächste Objekte unter sehr gutem Himmel oder bei kräftiger Filterung z.B. mit einem OIII-Filter.
Somit komme ich auch bei der Deepsky-Beobachtung auf eine gute Tauglichkeit, aber natürlich auch nicht auf einen wirklichen Spezialisten.

Zuletzt will ich noch auf eine Einschätzung der Obstruktion eingehen, die "alte Schule" ist, aber von daher bestimmt nicht schlecht: Die alte Faustformel vom Kontrastdurchmesser, die besagt, daß eine obstruierte Optik vom Kontrast her einen unobstruierten Optik ähnelt, die als Öffnung dann "Obstruierte Öffnung minus Obstruktion" hat. Also hier 150mm - 50mm = 100mm.
Wie ist das zu verstehen? Nun gemeint ist nicht, daß ein 150/750 Newton nun einfach einem 100mm APO gleichzusetzen wäre. Gemeint ist vielmehr, daß sich die schwachen Pastelltöne der Jupiteratmospähre im 150/750 Newton ähnlich kräftig abzeichnen, wie sie das im 100mm APO tun. Dabei aber enthält das Bild des 150/750 trotzdem die "Feinstrukturen", wie sie 150mm Öffnung entsprechen, nur heben sich diese nicht so kräftig voneinander ab, wie das zum Beispiel bei der Beobachtung mit einem 150mm APO der Fall wäre.

Zusammengefasst kommt man also beim 150/750 Newton auf viel bessere Allround-Eigenschaften, als das beim kurzen Achromaten der Fall war. Insbesondere muß man feststellen, daß der Newton dies zu einem ausgezeichneten Preis/Leistungsverhältnis liefert.
Ein Deepsky-Spezialist ist der 150/750 noch nicht (aber eine ausgeprägte Foto-Eignung darf nicht verschwiegen werden). Der 150/750 Newton steht trotzdem schon knapp unterhalb der Schwelle zum Deepsky-Spezialisten, die nämlich ein großer Newton mit mehr Öffnung klar überschreitet. Hier wird ja auch bei gleichem Öffnungsverhältnis der Einfluss der Obstruktion stets geringer.

Zu bemerken ist aber auf jeden Fall (und ich bringe es am Schluß, damit dies im Gedächtnis bleibt), daß diese Einschätzung für einen gut beherrschten 150/750 gilt. Und natürlich unter der Voraussetzung einer praktisch fehlerfreien Optik.
Daß man übrigens einen Newton genauso unbedarft "einfach drauflos" nutzen kann, wie einen Refraktor, zeigen die Maksutov-Newtons aus russischer Produktion. Sie sind mechanisch so robust, daß man hier über Justage genausowenig nachdenken muß, wie bei einem Refraktor. Nur gilt das eben nicht für jedes Gerät von der Stange. Hier ist der Newton einfach eine Backmischung zum selbstbelegen und der Refraktor die ofenfertige Tiefkühlpizza. Nur der Preisunterschied fällt bei Teleskopen deutlicher aus...
(Übrigens, kein Problem Goto hier als Pizzataxi einzubringen...)

Soweit also meine Darstellung zum Newton. Sie fällt anders aus als die des Refraktors, weil man beim Refraktor praktisch nur über die systembedingten Fehler reden muß, während beim Newton die echt systembedingten Fehler praktisch keine Rolle spielen und dagegen Fehler wie falsche Okularwahl und "falsche Behandlung" eine große Rolle spielen.
Zum Beispiel könnte man dem Newton mit f/4 bei der Mondbeobachtung die nachlassende Bildschärfe am Rand abwertend vorhalten, jedoch lässt sich dies ja durch ein passendes Okular (und/oder einen Komakorrektor) beheben. Wer also am f/5-Newton ein 20mm Kellner einsetzt, der macht eher einen Bedienfehler (abgesehen davon, daß das 20mm Kellner auch am 5" f/6 Refraktor kein Glanz-Okular ist).

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