Lacerta Plössl Neue 2” Plössls mit 30mm und 40mm Brennweite
Im Frühjahr 2009 bekam ich das Angebot, neu erschienene Okulare einer Plössl-Bauart unter die Lupe zu nehmen. Nun ist ein Plössl-Okular eigentlich nichts besonderes, es sei denn es wird mit der Eigenschaft beworben, durch eine Designüberarbeitung mit modernen Glassorten besonders auch an schnellen Optiken gut zu funktionieren. Die Möglichkeit, einmal genauer hinzusehen, lässt man sich so natürlich nicht entgehen. Eckdaten der Okulare sind die bereits genannten Brennweiten 30 mm und 40 mm, der 2” Anschluss, zumindest für ein 30 mm Plössl ungewöhnlich , 58° scheinbares Gesichtsfeld - die Erklärung für den 2” Anschluss und Augenabstände von 17 mm und 25 mm. Es soll sich um ein modifiziertes Design des Symmetrical-Plössl handeln. Äußerlich erscheinen die Okulare gut verarbeitet. Eine schwarz eloxierte Steckhülse, die vor dem Anschlag konisch zuläuft, sichert das Okular gegen ein herausfallen bei lockerer Klemmung, ohne Klemmringe zu behindern. Ein kleines Lächeln muss der Beschriftung gelten, denn während selbst der ur-amerikanische Hersteller TeleVue für Gustav Simon Plössl ein “ö” kennt, schafft der chinesische Hersteller nur ein “Plossl”. Ansonsten ist die Brennwitenangabe vernünftig groß und somit im Dunkeln gut lesbar angebracht. Das Fehlen einer Gummiarmierung und einer Gummiaugenmuschel lässt die Okulare etwas spartanisch wirken. Insbesondere in kalten Nächten spürt der Beobachter doch unangenehm das kalte Metall der Augenauflage. Ein O-Ring aus Gummi, in eine Nut eingespannt, gibt der Augenseitigen Kappe halt - leider mit dem Nebeneffekt, dass der Ring gerne mit der Kappe herunterflutscht und dann im Dunkeln das Weite suchen möchte. Die konisch zulaufende Steckhülse anstelle einer Sicherungsnut (links) und der Gummiring auf dem die Schutzkappe halt findet (ganz rechts).
Die Vergütungen sehen gut aus, man erkennt grüne und rote Reflexe und die Angabe “fully multi-coated” stimmt offensichtlich. Steckhülse, Feldblende und Fassungsringe sind geschwärzt, ob es auch die Linsenkanten sind, lässt sich schwer beurteilen. Wahrscheinlich sind sie geschwärzt aber mit einer recht geringen Sättigung, so dass sie bei sehr schrägem Einblick in die Steckhülse des 30 mm sichtbar werden. Beim 30 mm ist die Feldblende wenn, dann nur wenig größer als eine 1,25” Steckhülse, allerdings ist die 2” Bauweise dann dennoch sinnvoll, weil so eine deutliche Vignettierung vermieden wird. Die Reflexe zeigen die typischen Farben normaler Multivergütungen.
In der Praxis mussten sich die Okulare einigen schnellen Optiken stellen. Die Teleskop-Palette beinhaltete einem 200/1200 Dobson, einen 110/655 Doublett-ED-Refraktor, einen 200/1000 Newton und schließlich die Russentonne mit 100/1000, also f/10. Eine ganze Reihe Okulare stand zum Vergleich zur Verfügung, allerdings finden sich überhaupt nur recht wenige Okulare mit exakt 30mm oder 40mm Brennweite. Mit passender Brennweite kam ein 30 mm BW Ultrawide 80° zum Einsatz, dass bekannterweise unter vielen verschiedenen Labels zu kaufen ist, sowie ein 40mm Antares Erfle. In der Nähe angesiedelt waren mit 32 mm ein TS-WA und ein Standard 1,25” Plössl mit FMC (hier unter TS Label) sowie ein 38 mm TS-WA, dazwischenliegend ein 36 mm Hyperion Aspheric und eher als Referenzokulare ein 35 mm Panoptic sowie ein 31 mm Nagler. Zu bemerken ist unbedingt, dass außer den TS-WA, dem 30 mm BW und dem 32 mm Plössl die zum Vergleich herangezogenen Okulare deutlich teurer gehandelt werden, als die Lacerta Plössl. Am ED-Refraktor bei f/6 standen nur die beiden Lacerta Plössl und das 32 mm Plössl zur Verfügung. Das 30 mm zeigte dicht an der Feldblende eine leichte Randaufhellung. Gut zwei Drittel des Feldes waren brauchbar scharf, zum Rand hin zeigte sich dann vor allem Okular-Astigmatismus, der bei sehr genauem Hinsehen schon auf halbem Wege zum Rand erkennbar war. Auf die Bildmitte fokussiert zeigte sich dann am Bildrand ein recht ausgeprägter Astigmatismus, der tangential zum Bildrand ausgerichtet war. Das 32 mm Plössl zeigte ein nur wenig kleineres Feld, während das scheinbare Gesichtsfeld deutlich kleiner ausfiel. Beim Blick auf den Mond war im 30 mm Lacerta das Alpental besser auszumachen, als im 32 mm Plössl. Es zeigte auch im Feld um M42 eine etwas bessere Grenzgröße. Der Wechsel zwischen beiden Okularen ließ das Bild im 32 mm Plössl violett getönt erscheinen - der Blick mit freiem Auge auf Armlänge durch die Okulare ließ dann das 32 mm Plössl neutraler erscheinen und das Lacerta mit etwas wärmerem Farbton. Beim Blick auf die Plejaden mit 18 Tau in der Bildmitte und Atlas am Rand ließ sich abschätzen, dass 32 mm Plössl und 30 mm Lacerta die jeweiligen Sterne gleich gut Abbilden. Das Lacerta allerdings hat das größere wahre Gesichtsfeld und das Bild wirkt auch stärker Vergrößert, wahrscheinlich durch stärkere Verzeichnung. Diese ist allerdings nicht störend bemerkbar, der Mondrand wirkt nicht eirig verzerrt, wenn er seitlich ins Bild hineinragt, allerdings deutlich unscharf. Störende Reflexe gab es bei den Experimenten mit dem Erdtrabanten nicht. Die Schwärzung ist somit praxisgerecht. Beim 40 mm Lacerta ist die Abbildung über’s Feld zusammen mit diesem Teleskop nicht mehr so gut. Auf halbem Wege zum Rand wird ein Nachlassen der Sternabbildung spürbar. Auch hier spielt Okularastigmatismus die größte Rolle, allerdings ist er beim 40 mm am Rand radial Orientiert, wenn für die Bildmitte fokussiert wurde. Bei der Mondbeobachtung fielen ebenfalls keine störenden Reflexe auf. Das Bild hatte einen leicht grünlichen Farbton und war gegenüber dem 32 mm Plössl wieder etwas definierter. Schwierig war beim 40 mm der Einblick. Die optimale Augenposition lag 12 mm hinter der Augenauflage, hier passte ein Finger zwischen Gesicht und Okular. Wurde der Abstand nicht eingehalten gab es in der Bildmitte einen abgedunkelten Fleck ähnlich des schwbenden Schattens den man bei Spiegelteleskopen im Zusammenhang mit zu geringer Vergrößerung kennt. In einer weiteren Beobachtungsnacht kam ein 200/1200 Dobson zum Einsatz. Nun standen auch die anderen Vergleichsokulare zur Verfügung. Das 30 mm Lacerta schlug sich nicht schlecht im Vergleich zum TS-WA 32. Die Abbildung am Rand war bei beiden ähnlich, wobei das TS-WA 32 ein deutlich größeres Gesichtsfeld hat. Der Bereich optimaler Schärfe war beim Lacerta ein kleines Stück größer. Das Bild wirkte auch etwas brillianter, allerdings hatte es an diesem Gerät einen viel zu großen Augenabstand, so dass man gut 20 mm Abstand von der Augenauflage hatte. Das Bild war aber recht gut zu halten, trotzdem wäre eine Gummiaugenmuschel oder eine Einstellbare Augenauflage nützlich gewesen. Auch im Vergleich zum 30 mm BW Ultrawide war die Abbildung im Lacerta 30 mm brillanter, was an besserer Transmission zu liegen scheint. Die 80° scheinbares Gesichtsfeld des BW sind natürlich gar kein Vergleich zum Lacerta. Der Schärfenverlauf über das Gesichtsfeld ist allerdings mit dem TS-WA 32 sehr vergleichbar, da beim BW aber mehr scheinbares Feld sichtbar ist, werden eben auch stärker unscharfe Randbereiche sichtbar, die beim TS-WA ausgeblendet sind. Das 31 mm Nagler war natürlich bezüglich der Feldabbildung diesen Okularen deutlich überlegen. Es zeigte nur nah am Rand ein leichtes Nachlassen der Sternabbildung und ebenfalls ein brilliantes Bild. Das 40 mm Lacerta zeigte eine insgesamt bessere Sternabbildung als das 30 mm Lacerta. Wieder fiel das brilliante Bild auf und die gegenüber dem 30 mm um 90° verdrehte Ausrichtung der astigmatischen Verzeichnung. Und wieder war die Augenauflage zu niedrig. Demgegenüber hatte das 40mm Antares Erfle eine schlechtere Randabbildung, allerdings wiederum bei einem größeren Gesichtsfeld. Das Erfle hatte auch eine etwas schlechtere Transmission und interessanterweise ebenfalls eine etwas zu kurz bemessene Gummiaugenmuschel. Das TS-WA 38 fiel durch deutlich schlechtere Transmission auf. Beobachtungsobjekt war der Eskimonebel, der gegenüber dem 40 mm Lacerta im Antares Erfle etwas litt, im TS-WA 38 aber nur noch indirekt auszumachen war. Bei direktem Sehen fiel es schwer, im TS-WA 38 den Zentralstern zu halten. Das insgesamt dunklere Bild ließ auf eine schlechtere Transmission schließen. Das 35 mm Panoptic überzeugte mit einem bis zum Rand guten Gesichtsfeld, das am Rand auch besser war, als das des 31 mm Naglers - allerdings auch deutlich kleiner. 75% des Felddurchmessers zeichnete sich durch Perfekte Sternabbildung aus, aber auch hier fiel wieder eine zu niedrige Gummiaugenmuschel auf. Das 36 mm Hyperion Aspheric fiel positiv durch einen guten Einblick mit passender Augenmuschel auf. Das Bild war brilliant und ließ auf eine gute Transmission schließen. In der Bildmitte ließen sich auch sehr schwache Sterne gut halten aber zum Rand hin konnte man bereits auf halbem Wege ein Nachlassen der Sternabbildung beobachten, gut zwei Drittel des Feldes waren brauchbar, darin unterschied es sich nicht von den günstigeren Weitwinkel-Okularen. Zu den beiden Lacerta hat es einen spürbaren Brennweitenabstand, aber die Brillanz der Abbildung ist durchaus vergleichbar. “Chön chwarz!” - Die Innenschwärzung ist gut ausgeführt.
Am f/5 Newton 200/1000, ohne Komakorrektor, kamen die Lacerta dann an ihre Grenzen. Beim 30 mm war etwa der halbe Felddurchmesser scharf und zum Rand hin wieder starker Okular-Astigmatismus sichtbar, und zwar deutlich ausgeprägter, als bei den f/6-Geräten. Brauchbar waren somit etwa zwei Drittel des Felddurchmessers. Zwar war der Kontrast gut, aber die Abbildung war insgesamt nicht recht überzeugend, als könne das Auge nicht recht akkommodieren. Auch hier störte der Abstand von der Augenauflage beim Finden des passenden Einblicks. Das TS-WA 32 zeigte noch etwas weniger scheinbares Feld gut, aber aufgrund der unterschiedlichen Feldgrößen ist der Vergleich schwierig und auch die Austrittspupille (AP) von 6,4 mm zeigte sich an jenem Abend als kritisch, da Umgebungshelligkeit störte. Das 40 mm konnte an f/5 aufgrund der dann 8 mm großen AP ohnehin nicht mehr sinnvoll eingesetzt werden. Bei der übergroßen AP, die zu einer kleineren genutzten Öffnung und wahrscheinlich eher zu effektiven f/6,5 führte, waren gut zwei Drittel des Felddurchmessers scharf. Am Rand traten dann wieder astigmatische Verzeichnungen auf, die ähnlich orientiert waren wie am 110 mm ED mit f/6. Brauchbar waren so etwa drei Viertel des Felddurchmessers. Um die Okulare auch an einer für Plössl besser geeigneten Optik einzusetzen, kamen sie an einem MTO 11 CA, besser bekannt als “Russentonne”, zum Einsatz. Der kleine 100/1000 Mak mit fotografischer Feldebnung kam mit 2” Zenitspiegel an einer 2” T2-Erweiterungshülse zum Einsatz und lag den Okularen deutlich besser: Das 30mm Lacerta zeigte ein zu 95% scharfes Feld, nur nah am Rand ließ die Sternabbildung deutlich nach. Das 30 mm BW Ultrawide zeigte aber ein noch größeres wahres Feld sauber. Mehr als drei Viertel des Felddurchmessers zeigten gute Sternabbildungen und zum Rand hin vergrößerte sich die Sternabbildung nur etwas. Das 40mm Lacerta zeigte eine noch bessere Randabbildung als das 30 mm Lacerta. Sein Einblick lag nun aber weit hinter der Augenauflage und war wirklich schwierig zu halten. Das Feld das Lacerta 40 mm wirkte kaum kleiner als das des 40 mm Antares Erfle. Letzteres war aber besser fokussierbar und der Einblick war einfacher - nun stimmte die Position der Augenmuschel. Dicht am Rand zeigte das Antares Erfle aber eine schlechtere Sternabbildung als das 40 mm Lacerta. Das 36 mm Hyperion Aspheric konnte in dieser Kombination glänzen. Die Sternabbildung war im ganzen Feld schön und der Einblick war sehr angenehm. Demgegenüber war der Einblick ins 35 mm Panoptic sehr schwer zu finden. Die Augenposition war sehr weit vom Okular ab. War der Einblick gefunden überzeugte es durch eine sehr gut definierte Sternabbildung, was sich z.B. bei der Beobachtung des Trapez in M42 zeigte. Zu Bemerken ist, dass der fotografische Feldebner der Russentonne die Brennweite verlängert. Ebenso geschieht das durch das herauslegen des Fokus hinter den 2” Zenitspiegel, was bei Cassegrains mit Spiegelfokussierung nunmal bauartbedingt ist. Dadurch können sich die Einblickpositionen der Okular deutlich verändern, was bei langbrennweitigen Okularen ganz besonders ausgeprägt ist. Alles in allem ist die Bewerbung der Lacerta Plössl bezüglich Ihrer Feldschärfe eher übertrieben - im heute üblichen Maß. Andererseits bieten sie im Vergleich zum gewohnten 1,25” Plössl durchaus etwas mehr. Vor allem wer entweder ein Teleskop mit moderatem Öffnungsverhältnis hat, oder an einer Optik bis f/6, mit Abstrichen f/5, an einer guten Bilddefinition in der Bildmitte interessiert ist, kann an den Lacerta Plössls Gefallen finden. Gegenüber den günstigen 2” Weitwinkel-Okularen können die Lacerta bestehen, wenn man bedenkt, dass diese an schnellen Optiken ohnehin nicht sehr gut abschneiden, so dass bei den Lacerta Randbereiche fehlen, die bei anderen günstigen Okularen ohnehin eher unscharf abgebildet würden. An eher langsamen Optiken stellt sich die Frage, ob man mit dem kleineren scheinbaren Gesichtsfeld der Lacerta zufrieden ist und dafür den Transmissionsvorteil von nur vier Linsen in zwei Gruppen einstreicht. Eine günstige Möglichkeit, ein wirklich randscharfes Okular für schnelle Optiken zu bekommen, bieten auch die Lacerta Plössl nicht. Ihre Stärken liegen eher im vierlinsigen Aufbau, einer guten Abbildung auf der Achse mit guter Bilddefinition - etwas, was in dieser Preisklasse bisher Sache kleiner 1,25” Okulare mit ebenfalls kleineren Brennweiten war. Nachtrag am 24.10.2009 Da war ich doch selber recht verdutzt bei einer der letzten Beobachtungen: Manchmal geht einem einfach ein Detail “da durch”, wie man so zu sagen pflegt. In diesem Falle ist es das Filtergewinde. Das nämlich fehlt dem mir vorliegenden 40mm. Das 30mm hat ein Filtergewinde und sowohl Baader OIII als auch Astronomik UHC ließen sich problemlos einschrauben. Mein 40mm ist offenbar ein einzelner Ausrutscher, wie ich mir versichern ließ.
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